80 Inspektoren auf der Jagd nach Allergen-Sündern

80 Inspektoren auf der Jagd nach Allergen-Sündern
Seit Dezember müssen Wirte vor Allergenen warnen. Ab heute drohen säumigen Gastronomen Strafen.

Die Kontrolle in Floridsdorf beginnt mit einem Blick in die Speisekarte. Konzentriert studiert Alexander Hengl die Gerichte – nicht weil er hungrig ist, sondern um zu überprüfen, ob die richtigen Buchstaben neben den Speisen stehen. Seit Dezember müssen Gastronomen laut EU-Verordnung 14 verschiedene Allergene in Speisen und Getränken kennzeichnen. "Café Jonas"-Besitzerin Alexandra Psichos hat rund 100 Stunden aufgewendet, um ihre Karte umzustellen. "Einfach war es nicht", sagt Psichos. Auch deshalb, weil manche Lieferanten die Inhaltsstoffe von Produkte anfangs gar nicht benennen konnten.

Dazu kommt: Wenn früher das Gulasch zu flüssig wurde, besserte der Koch mit ein wenig Mehl nach. Das geht nicht mehr. Denn: "Mehl enthält Gluten. Aber Gulasch ist üblicherweise glutenfrei", erläutert Hengl, während er sich die Plastik-Überschuhe und das Haarnetz überzieht. Weiter geht es in die Küche, wo Hengl sich vom Koch erklären lässt, was in dem "Rinderfleisch-Eintopf mit Gemüse und Teigwaren" genau drin ist.

"Am A vorbei"

Viele Wirte finden die neue Regelung unnötig. "Die EU geht mir am A vorbei! " oder "Unsere Speisen sind für Allergiker nicht geeignet" sind nur eine kleine Auswahl der Sprüche, die Hengl im vergangenen halben Jahr untergekommen sind. Bis dato hat Hengl solche Gastronomen nur verwarnt. Seit 1. April, drohen in Wien bei Nichtbeachtung der neuen Verordnung Geldstrafen. 80 Inspektoren der Lebensmittelsicherheit sind im Einsatz, um zu überprüfen, ob das Gesetz eingehalten wird.

Schonfrist?

Peter Dobcak, neuer Obmann der Sparte Gastronomie in der Wiener Wirtschaftskammer, ist überrascht, dass das Marktservice Wirte bereits jetzt strafen will. "Es war eine einjährige Schonfrist vereinbart", sagt Dobcak. "Außerdem interessiert die neue Verordnung doch kaum jemanden", ergänzt er. "Jene, die Allergien haben, sind seit Jahren daran gewöhnt, sich nach den Inhaltsstoffen zu erkundigen. Und die anderen können nun Buchstabensuppe spielen."

"Diese Schonfrist war so nie vereinbart. Die Auszeichnung der Allergene ist nun einmal Gesetz. Und das müssen wir exekutieren", erwidert Hengl. Rund 2200 Kontrollen wurden seit Dezember durchgeführt. Etwa ein Drittel habe man auf Fehler aufmerksam gemacht. "Es reicht nicht, Buchstaben aufzuschreiben und dahinter Striche für jene Speisen zu machen, die das Allergen erhalten", sagt Hengl. 60 Prozent der Wirte setzen die Verordnung bereits richtig um.

Jeder zehnte Gastronom ignoriert die Verordnung derzeit willentlich. "Und diese schwarzen Schafe wollen wir nicht mit Milde belohnen."

EU-Richtlinie
Am 13. Dezember 2014 trat die Allergenverordnung in Kraft. Wirte müssen 14 Allergene (wie Eier, Milch, Gluten oder Nüsse) in ihren Speisen und Getränken kennzeichnen. In Österreich ist eine schriftliche oder eine mündliche Kennzeichnung möglich.

Strafen
Ab heute, dem 1. April, will das Wiener Marktservice jene Wirte, die trotz Ermahnung die neue Verordnung nicht einhalten, bestrafen. Säumigen Gastronomen kostet ein Verstoß mindestens 250 Euro.

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