Der Rechtswalzer gibt den Takt an

Der Akademikerball sorgt einmal mehr für Diskussionen.
Krawall-Demos gegen Akademikerball helfen der FPÖ - Ball der Wissenschaften bringt Wiener SP wenig.

Wenn es am kommenden Wochenende in Wien "Alles Walzer" heißt, dann ist das nicht nur von gesellschaftlicher Relevanz. Links- gegen Rechtswalzer, lautet die Devise. Denn dass am Tag nach dem Akademikerball der FPÖ am heutigen Freitag in der Hofburg, im Wiener Rathaus der "Ball der Wissenschaften" stattfindet, ist auch eine politische Ansage. Ob SPÖ-Stadtchef Michael Häupl im aufkeimenden Gemeinderatswahlkampf daraus politisches Kapital schlagen kann, ist allerdings fraglich.

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Politbeobachter sind sich im Vorfeld der beiden symbolträchtigen Bälle jedenfalls einig: Etwaige Krawall-Demos gegen den Akademikerball helfen ausschließlich den Freiheitlichen. Und der Ball der Wissenschaften geht in der öffentlichen Wahrnehmung vergleichsweise unter.

Strategiefrage

Für Politikwissenschaftler Peter Filzmaier geht es bei der Diskussion um die FPÖ-Veranstaltung bzw. die befürchteten gewaltsamen Gegendemos in erster Linie um die Frage, welche Strategie die Kontrahenten verfolgen. "Wenn es nur um die größtmögliche Aufmerksamkeit geht, dann gibt es Gewinner auf beiden Seiten. Geht es allerdings um die Frage, ob Demonstrationen dieser Art der FP Stimmen kosten können, dann lautet die Antwort: Nein."

Im Gegenteil: "Das Motiv Sicherheit und der Wunsch nach einer starken Polizei ist unter potenziellen FP-Wählern sehr ausgeprägt." Gewaltbereite Demonstranten spielen also der Law-and-Order-Partei in die Hände, meint auch Politikexperte Thomas Hofer.

Einig sind sich die Analytiker bei der Frage, ob der Ball der Wissenschaften eine adäquate politische Antwort auf den Akademikerball darstellt – zumal er erst am Tag danach stattfindet: wohl kaum. Als Teil einer zeitgleichen Veranstaltungsreihe gegen den blauen Ball, würde er mehr Effekt erzielen, findet Filzmaier. "Als Einzelereignis genießt er aber nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit wie der Akademikerball." Politisches Kapital ließe sich daraus nicht schlagen.

Das glaubt auch Hofer: "Bestenfalls kann Häupl ein bisschen Schwung für den Wahlkampf mitnehmen und das Rennen gegen Strache als Kampf ,Gut gegen Böse‘ inszenieren", Das könnte bei der Mobilisierung der SP-Wähler helfen."

Blauer Ball-Tourist

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny rührt bis zuletzt die Werbetrommel für den Ball im Rathaus. Dieser zeige, "dass die institutionalisierte Wissenschaft in überwiegender Mehrheit politischer Radikalität eine Absage erteilt". Stargast ist der Schöpfer des in Harvard verliehenen ig-Nobel-Preises, Marc Abrahams.

Auf die Veranstaltung freut sich auch Akademikerball-Organisator Udo Guggenbichler: "Ich habe schon zwei Karten. Dieser Ball wird aufgrund des Akademikerballs veranstaltet. Es ist klar, dass ich mich dafür interessiere." Der Freiheitliche weist darauf hin, dass er seinen Job als Veranstalter seit 1998 ehrenamtlich erfülle. Zudem erhalte der Akademikerball keine Subventionen. Wie hoch die Gesamtkosten sind, will er nicht kommentieren. Nur so viel: "Das hängt davon ab, wie groß der Kostenfaktor Sicherheit wird."

Der Rechtswalzer gibt den Takt an

Eine Bombendrohung gegen den Organisator des Akademikerballs, der daraufhin unter Polizeischutz gestellt wurde. Ein anonymes eMail mit vagen Vergewaltigungsdrohungen gegen eine der Führungsfiguren der Gegendemonstrationen.

Polizeieinsatz gestartet

Je näher der Ball rückt, desto mehr kochen die Emotionen hoch. Dazwischen werden mehr als 2500 Polizisten stehen, um beide Seiten voneinander abzuschirmen. Bereits am Donnerstagabend startete die Polizei in die heiße Phase. Verstärkte Streifen waren in Wien unterwegs, um befürchtete Sachbeschädigungen zu verhindern. Die ersten Tretgitter wurden bereits in Stellung gebracht, um die Innenstadt auf den langen Demo-Tag vorzubereiten.

Alle Transitrouten (Bahn, Straße) wurden jedenfalls polizeilich überwacht, auch Mitarbeiter des Verfassungsschutzes waren in weiten Teilen Österreichs im Einsatz. Die für Freitag erwarteten 17 Busse mit Anarchos aus Deutschland sollten alle im Vorfeld bei der Anreise kontrolliert werden. Dabei geht es aber weniger um Waffenfunde als um Identitätsfeststellungen.

Auch im vergangenen Jahr wurde im Vorfeld nichts gefunden, dann aber mit Farbe gefüllte Glasflaschen auf eine Polizeisperre in der Wollzeile geworfen. Nur das verschlossene Eingangstor verhinderte damals, dass eine Rauchbombe im Stephansdom platzte.

Beamte aus allen Bundesländern wurden deshalb bereits am Donnerstag in Wien zusammengezogen. Sie werden unter dem Kommando der WEGA versuchen, für Ruhe in der Stadt zu sorgen. Allein 900 Beamte sind speziell für die Demos (inklusive der untersagten) im Einsatz. Rund 800 Polizisten sind für die Logistik bis hin zur Behandlung von Häftlingen abgestellt, 600 weitere werden die Sperren und rund 2,5 Kilometer Tretgitter rund um die Hofburg besetzen.

Zu einem Schwerpunkt könnte der Resselpark werden, bei dem sich die NOWKR-Aktivisten um 17 Uhr trotz Verbotes treffen wollen. Das unmittelbare Umfeld des Karlsplatzes könnte deshalb zur heißen Zone werden, die NOWKR-Demonstranten haben allerdings auch eine Guerillataktik in der gesamten Innenstadt (vor allem beim Burgtor) angekündigt. Tumulte könnte es aber auch innerhalb des Balls geben, angeblich sollen Linksaktivisten zu Karten gekommen sein.

Pegida ändert Route

Verlegt wurde auf Ersuchen der Polizei auch die Demoroute der islamkritischen Pegida. Sie wird am Montag um 18 Uhr von der Freyung starten und anschließend durch die City führen.

Der Rechtswalzer gibt den Takt an

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