Ärztekammer beschließt Kampfmaßnahmen

Ärzte steigen auf die Barrikaden
Votum mit nur einer Gegenstimme. Überparteiliches Streikkommitee organisiert Maßnahmen

Jetzt ist es offiziell: Die Ärzte in den Wiener Gemeindespitälern werden "Kampfmaßnahmen bis hin zum Streik" ergreifen. Das hat die Kurie der angestellten Ärzte der Wiener Ärztekammer beschlossen. Das Votum in der Sitzung am Mittwochnachmittag fiel mit nur einer Gegenstimme aus. Mit der Entscheidung soll "der Ernst der Lage hinsichtlich der medizinischen Versorgung der Patienten in den Häusern des Krankenanstaltenverbunds (KAV, Anm.)" zum Ausdruck gebracht werden. "Wir werden alle Eskalationsstufen des demokratischen Protests nutzen", kündigt Kammer-Präsident Thomas Szekeres an.

Zuletzt hatten sich in einer Online-Umfrage der Kammer 93 Prozent der teilnehmenden KAV-Ärzte streikbereit erklärt.

In einem weiteren Beschluss hat die Kurie die Einsetzung eines fraktionsübergreifenden Aktions- und Streikkomitees beschlossen, das aus rund zehn Mitgliedern besteht und sich bereits heute oder am Freitag erstmals trifft. Das Gremium soll die Kampfmaßnahmen ausarbeiten und organisieren. Laut Szekeres sei es nicht unrealistisch, dass erste Maßnahmen schon Anfang September erfolgen – etwa in Form von Betriebsversammlungen.

Das Komitee soll auch dafür sorgen, dass es dabei keine Einschnitte in der Notfallversorgung gibt. "Unsere Patienten können darauf vertrauen, bei absoluter Dringlichkeit in gewohnter Weise betreut zu werden", betont Szekeres. Bei Patienten ohne akute Beschwerden könne es aber zu Terminverschiebungen kommen.

Streit um Nachtdienste

Auslöser des Konflikts ist die vom KAV zuletzt angekündigte Streichung von 40 Nachtdienst-Posten im Zuge der Umstrukturierung der Arbeitszeiten in den Spitälern. Dies sei ein Bruch des Vertrages, der mit der Stadt ausverhandelt wurde, hieß es seitens der Kammer. Denn die versprochenen Begleitmaßnahmen – etwa der Ausbau der Notfall-Versorgung – seien nicht erfolgt. Ein Vorwurf, den der KAV und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) vehement zurückweisen. Man setze nur um, was mit der Kammer im Vorjahr vereinbart wurde.

"Wir raten Wehsely und KAV-Generaldirektor Udo Janßen mit Nachdruck, ihre derzeitige Strategie der Ignoranz gegenüber den Anliegen der Ärzteschaft und der Patienten zu überdenken", sagt Szekeres. Die jüngsten Aussagen Wehselys in einem KURIER-Interview, wonach sie lediglich davon ausgehe, dass der KAV den Pakt gemäß der Vereinbarung umsetze, zeigten, dass sie selbst nicht sicher sagen könne, ob der KAV tatsächlich auch alle Rahmenbedingungen einhalte.

Auf der Gegenseite bleibt man unbeeindruckt: "Ich habe kein Verständnis dafür, dass auf dem Rücken der Patienten und des Personals Standespolitik gemacht wird", sagt Janßen. "Die medizinische Versorgung in Wiens Gemeindespitälern funktioniert gut – auch in der Nacht. Die eingeleiteten Veränderungen werden dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung für die Wiener weiter zu verbessern. Unterversorgung droht erst dann, wenn die Ärztekammer einen Streik anzettelt."

Bereits am Vormittag hatte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) das Vorgehen der Ärztekammer scharf kritisiert: "Man soll aufhören, die Menschen zu verunsichern." Häupl wirft den Ärztefunktionären vor, mit Ängsten Politik zu machen: "Sie sollen in Frieden ihre Wahlen in der Kammer durchführen, aber sie sollen die Leute in Ruhe lassen." Die Mitglieder der Wiener Ärztekammer sind im März 2017 aufgerufen, ihre Standesvertreter neu zu wählen.

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