Kein Platz für Islamisten im Bundesheer

Der Gebetsraum in der Wiener Maria-Theresien-Kaserne wird eifrig genutzt, weil fast die Hälfte der Soldaten dem Islam angehört.
Trotz intensiver Anstrengungen gegen die Radikalisierung von Rekruten bleibt ein Unbehagen.

Agenten der Terrormiliz "Islamischer Staat" in den Reihen des Bundesheeres?

Meldungen über IS-Symphatisanten beim Bundesheer verunsichern in den vergangenen Tagen die Öffentlichkeit. Das Verteidigungsministerium versucht zu beruhigen: Von einem IS-Alarm können keine Rede sein. Wohl aber von "erhöhter Aufmerksamkeit".

Kein Platz für Islamisten im Bundesheer
Der bisher letzte Aufreger war ein türkischstämmiger Ex-Rekrut, der in Uniform und in IS-Pose samt Sturmgewehr auf YouTube posierte. Wenige Tage zuvor erregte ein Foto die Öffentlichkeit, auf dem muslimische Rekruten bei einem Festakt den Zeigefinger erhoben. Es war ein Fehlalarm, dieses Zeichen ist harmlos. Und im Jahr 2011 wurde ein abgerüsteter Gardesoldat verhaftet, der nach Afghanistan wollte – zu El Kaida; den IS gab es damals noch nicht.

Das seien noch nicht ausreichend Fälle, um von einem konkreten "IS-Problem" im Heer zu sprechen, erklärt Oberst Michael Bauer vom Verteidigungsministerium. Und er verweist auf ein engmaschiges Abwehrnetz im Bundesheer.

Untauglich

Das beginnt schon bei der Musterung. Wehrpflichtige mit Hang zu Gewalttätigkeit oder Extremismus werden als untauglich eingestuft. Vor weiteren Verpflichtungen durchlaufen alle Rekruten eine Sicherheitsprüfung des Abwehramts. Bis dahin sind sie schon mehrere Monate unter Beobachtung gestanden. In jedem Verband gibt es Sicherheitsoffiziere (so genannte S2-Ofiziere) als Verbindungsglied zum Abwehramt.

Alle Gruppenkommandanten haben vom Abwehramt Informationsbroschüren erhalten, wie man Hinweise auf Radikalisierung erkennt. Tatsächlich – so hört man aus der Truppe – gab es bereits einige Treffer, die nun amtsbehandelt werden. Ihre Zahl wird aber geheim gehalten. Sollte sich ein Verdacht bestätigen, wird der Dienstvertrag nicht mehr verlängert. Das Heer braucht dafür keine (klagbare) Begründung. Es gebe für eine Verlängerung eben keinen "militärischen Bedarf". Im Extremfall wird die Angelegenheit dem Verfassungsschutz übergeben.

Muslim-Hochburg

Kein Platz für Islamisten im Bundesheer
Militärkommandant Wagner und Militärimam
Hotspot für Muslime beim Bundesheer ist das Militärkommando Wien. Während österreichweit der Anteil der muslimischen Rekruten auf zehn Prozent geschätzt wird, liegt er beim Militärkommando Wien bei 25 Prozent. Wenn die Ehrenkompanie zum Staatsbesuch ausrückt – etwa, um Spalier vor dem Papst zu stehen – präsentieren 50 Prozent Muslime ihre Sturmgewehre.

Der Wiener Militärkommandant, Brigadier Kurt Wagner, ist höchst zufrieden mit "seinen" Muslimen: Während immer mehr Jugendliche zum Zivildienst tendieren, würden Zuwanderer mit Begeisterung einrücken. Ein junger Türke fühle sich erst als erwachsener Mann, wenn er eine Uniform getragen hat. Zur Angelobung komme die gesamte Großfamilie samt Nachbarn. Außerdem sei es für einen jungen Menschen mit Migrationshintergrund ein besonderes Gefühl der Anerkennung, die Uniform des Staates tragen zu dürfen.

Aus Wagners Sicht sind bei den muslimischen Rekruten keine allgemeinen Radikalisierungstendenzen erkennbar. Hohe Erwartungen setzt er in den neuen Militär-Imam, Abdulmedzid Sijamhodzic, der als gemäßigt gilt.

Unbehagen

Bei den Offizieren der Truppe bleibt aber dennoch Unbehagen, das ein Major gegenüber dem KURIER so ausdrückt: "Woher sollen wir mit Sicherheit wissen, dass nicht doch irgend ein Rekrut in der Kompanie schon in Syrien war?" Gleichzeitig tröstet er sich aber damit: "Auch ein Schuldirektor kann nicht sicher sein, dass nicht eine tickende IS-Zeitbombe in einem seiner Klassenzimmer sitzt."

Im Kalten Krieg war das Abwehramt hauptsächlich damit beschäftigt, Ausspäh-Versuche von Agenten des Warschauer Pakts gegen österreichische Verteidigungsanlagen zu verhindern. Es wurden auch Versuche aufgedeckt, österreichische Soldaten als Agenten für Ost-Geheimdienste zu gewinnen.

Neonazis

In den 80er-Jahren versuchten Neonazis aus den damals aktiven „Wehrsportgruppen“ bei Bundesheer unterzukommen. In jahrelangen und politisch heiklen Operationen gelang es dem Abwehramt, diese wieder loszuwerden.

Auch Linksextremisten waren ein Thema. Die verpflichteten sich aber nicht gerne beim Heer und mussten deshalb in der Öffentlichkeit beobachtet werden.

Balkankriege

Die Jugoslawien-Kriege der 90er-Jahre richteten den Fokus des Abwehramts auf Soldaten mit jugoslawischem Migrationshintergrund. Sie sollten nicht in sensiblen Funktionen verwendet werden. Es hätte passieren können, dass ein Kommandant eines Munitionslagers von Angehörigen unter Druck gesetzt wird, ein paar Munitionskisten zu beschaffen.

Interesse für die Waffen des Bundesheeres war tatsächlich vorhanden: 1991 wurde in ein Lager des Bundesheers in Kartitsch in Osttirol eingebrochen. Sturmgewehre, Maschinengewehre und Pistolen wurden bei dem Coup entwendet. Die Waffen hätten an eine Bürgerkriegspartei in Kroatien verkauft werden sollen; doch die Täter konnten schließlich samt Beute festgenommen werden.

Islamismus

Derzeit richtet das Abwehramt sein Hauptinteresse auf Suchtgiftabhängige und IS-Terrorsympathisanten. So wurde im Abwehramt schon vor Jahren eine geheime Studie zu den erwarteten Gefahren islamistischen Terrors erstellt. Die Expertise wurde von Skeptikern als überzogen bewertet. Der reale IS-Terror hat die Studie aber auf tragische Art bestätigt.

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