Abstimmung über Sonntagsöffnung

Eine Arbeitsgruppe empfiehlt Tourismuszonen in der City, auf der MaHü und rund um Schönbrunn

Was in allen anderen Bundesländern längst schon Usus ist, könnte bald auch in Wien Realität werden: Tourismuszonen, in denen die Geschäfte auch am Sonntag offenhalten dürfen. So lautet zumindest die Empfehlung einer siebenköpfigen Arbeitsgruppe der Wirtschaftskammer Wien (WKW).

Geht es nach ihr, sollen solche Tourismuszonen auf alle Fälle die Innenstadt umfassen, allenfalls auch die Innere Mariahilfer Straße, die Gegend rund um das Schloss Schönbrunn – Gegenden also, wo besonders viele Touristen nächtigen bzw. eine hohe Dichte an Sehenswürdigkeiten besteht.

Abstimmung über Sonntagsöffnung

Tourismuszonen sind ein wichtiger Schritt, um Wien als moderne Weltstadt zu positionieren, die bei ihren Gästen künftig auch mit einem zeitgemäßen Einkaufserlebnis punktet“, ist der neue Kammerpräsident Walter Ruck überzeugt. Gegenüber dem KURIER spricht er von einem „kammerinternen Paradigmenwechsel“, der den enormen Veränderungen im Städtetourismus geschuldet sei. „Allein in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Nächtigungen in Wien um 60 Prozent auf fast 13 Millionen gestiegen.“ Im selben Zeitraum habe sich die Gesamtzahl der Betten verdoppelt, besonders stark fiel der Anstieg im Fünf-Sterne-Bereich aus. Und gerade an Samstagen und Sonntagen sei die Auslastung der Hotels am höchsten.

„Studien zeigen, dass Tourismuszonen dem Wiener Handel Mehreinnahmen von 140 Millionen Euro bringen würden. Zusätzlich würden 800 Arbeitsplätze entstehen“, rechnet Ruck vor. „Es wird aber keine Verpflichtung geben, dass alle Geschäfte in den Zonen offen haben müssen“, betont der Kammerpräsident. Er rechnet damit, dass die Neuregelung „frühestens im Sommer 2015“ in Kraft treten könnte.

Mitglieder-Befragung

Zunächst sollen aber in einer Urabstimmung alle 100.000 Mitglieder der Wiener Kammer ihre Meinung zu den Tourismuszonen äußern – die größte Befragung in der Geschichte der Kammer. Das Ergebnis der Umfrage wird in der zweiten November-Hälfte vorliegen. Parallel dazu laufen Gespräche mit den Sozialpartner und der Stadt Wien.

Dort steht man der Sonntagsöffnung nach wie vor sehr skeptisch gegenüber: „Durch Tourismuszonen kommen viele kleine Geschäfte unter Druck, aufsperren zu müssen“, heißt es im Büro der zuständigen Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ). Gleichzeitig verweist man auf die während der EURO 2008 erlaubte Sonntagsöffnung, die wirtschaftlich betrachtet alles andere als erfolgreich war.

Doch auch kammerintern herrschst keine Einigkeit: „Die Fachgruppe der Sparte Tourismus- und Freizeitwirtschaft wurde nie in diverse Gespräche eingebunden“, sagt Obmann-Stellvertreter Willy Turecek. Sein Gegenüber von der Gastro-Sparte, Peter Dobcak, kontert: „Ich kann nicht verstehen, dass Turecek eine Idee verurteilt, bevor ein Gesamtkonzept erstellt wurde.“

Scharfe Ablehnung an der geplanten Sonntagsöffnung kommt vom SPÖ-Wirtschaftsverband: „Abermals stellt die Kammer die Interessen weniger gut vernetzter Hoteliers über die Bedürfnisse der Einzelhändler“, sagt Direktor Peko Baxant. Und diese würden am Sonntag nicht im Geschäft stehen wollen, wie zuletzt eine Umfrage des Wirtschaftsverbandes gezeigt habe.

Sonntagsöffnungszeiten in Tourismusgebieten, wie sie derzeit in Wien für Aufregung sorgen , sind im Rest Österreichs längst Realität. In vielen Ortschaften, die vom Tourismus leben, schätzt man die zusätzliche Einnahmequelle. Die Regelungen sind jedoch sehr "kasuistisch", sagt Martin Sattler, Pressesprecher der Wirtschaftskammer Wien. Denn jedes Bundesland darf sich sein eigenes Gesetz basteln.

Beispielfall Tirol: Hier gibt es 22 Hochtourismusorte, wo Unternehmer am Sonntag bis zu sechs Stunden arbeiten und Mitarbeiter beschäftigen dürfen. Zusätzlich gibt es weitere 179 Orte, wo nur der Chef im Geschäft stehen darf. Alois Schellhorn von der Wirtschaftskammer Tirol: "Diese Regelung gibt es bereits seit fast drei Jahrzehnten. Wir haben damit beste Erfahrungen gemacht."

Nur Unternehmer

Ein Blick nach Niederösterreich: Hier werden die sonntäglichen Ladenöffnungszeiten völlig anders gehandhabt. Das Bundesland lässt seine Unternehmer seit Mitte der 90er-Jahre sonntags aufsperren. Um die Regelung nicht ausufern zu lassen, hat man sie auf die Geschäftsinhaber beschränkt. Mitarbeiter dürfen sonntags nicht beschäftigt werden. "Darüber gibt es keine Diskussionen, das Ganze funktioniert seit Jahren klaglos", sagt Karl Ungersbäck von der Wirtschaftskammer. Im ganzen Bundesland gibt es rund 300 Orte, die von den Sonntagsöffnungszeiten profitieren.

Lokalaugenschein

"Gelebt" wird die Möglichkeit der Sonntagsöffnung in einer Tourismusgemeinde wie Pörtschach (Kärnten). Und zwar jeden Sonntag. "Von Anfang Mai bis Mitte Oktober, wie in meinem Fall", sagt Gabriele Umnig von "Swarovski Elements".

"Die Saison ist kurz, jeder Tag entscheidend. Ich profitiere auch von Gästen aus den Städten, die nach Pörtschach kommen, Kaffee und Kuchen essen, ein wenig promenieren und natürlich einkaufen", fügt sie hinzu. Ähnlich sieht es Daniela Rajer von "Vianello, Italian Lifestyle": "Viele Touristen kennen diese Flexibilität bei der Sonntagsöffnung aus ihrem Heimatort nicht und freuen sich, dass dieses Service in Pörtschach angeboten wird. Die Einheimischen nützen das Angebot ebenso."

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