Abgewiesene Schwangere: Gutachten soll AKH entlasten

Abgewiesene Schwangere: Gutachten soll AKH entlasten
Mit einem neuen Gutachten wehrt sich das AKH gegen die Kritik der MA 40. Der Patientenanwalt hat Zweifel.

Das Urteil der MA 40 im Fall Sandra W. war eindeutig: Die Aufsichtsbehörde hatte vor einer Woche klare Fehler der behandelnden Ärztin sowie massive Mängel in der Kommunikation und Dokumentation im AKH Wien festgestellt.

Am Donnerstag holte die Med-Uni Wien zum Gegenschlag aus und konterte mit einem von Rektor Wolfgang Schütz in Auftrag gegebenen Gutachten der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie. Laut dem Gutachten wäre es im Fall Sandra W. zu keinem ärztlichen Fehlverhalten gekommen. Die Objektivität des Gutachtens wird unterdessen in Zweifel gezogen. Der Wiener Patientenanwalt Konrad Brustbauer kritisiert es als einseitig.

Häufiges Ereignis

Abgewiesene Schwangere: Gutachten soll AKH entlasten

„In keinem der drei Krankenhäuser, die Frau W. aufgesucht hat, ist es zu einem ärztlichen Fehler gekommen“, konstatiert Klaus Friese, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie, in dem Gutachten. Laut Friese ist das „Abortgeschehen ein sehr häufiges Ereignis“, das „fast jede zweite Frau im gebärfähigen Alter“ betrifft. Dass das AKH keine Fehler gemacht habe, argumentiert Friese wie folgt: „Eine Aufnahme erfolgt in einem Krankenhaus, wenn es sich um eine starke Blutung handelt, die eine Gefährdung, insbesondere der Mutter darstellt.“ Dies wäre laut Fries weder im Göttlichen Heiland noch im AKH Wien der Fall gewesen.

Dass die Stärke der Blutung im AKH aber mangels Untersuchung gar nicht festgestellt werden konnte, räumt auch Peter Husslein, Leiter der Gynäkologie im AKH, ein: „Psychologisch wäre eine Untersuchung wichtig gewesen, medizinisch hätte man ihr aber nicht helfen können.“ Auch dass Sandra W. bereits als Risikoschwangere im AKH entbunden hatte, war der Ärztin nicht aufgefallen.

Kritisch zu dem Gutachten äußert sich der Wiener Patientenanwalt Konrad Brustbauer, der den Fall ebenfalls überprüft: „Die Grundlage für das deutsche Gutachten sind ausschließlich die Daten des AKH, wo die Patientin nicht untersucht wurde. Angaben von der Patientin wurden nicht berücksichtigt“, sagt Brustbauer, der weiters anführt: „Das deutsche Gutachten spricht immer von leichten Blutungen. Die Patientin sagt aber, sie hätte stark geblutet. Und dann hätte sie aufgenommen werden müssen“, meint Brustbauer. Den von der MA 40 eingeforderten Nachbesserungen der Kommunikation und Dokumentation können Rektor Schütz und Husslein nicht viel abgewinnen. „Es gibt bereits ein Formular für das Arzt-Patienten-Gespräch“, sagt Husslein.

Husslein kritisiert weiters, dass die Rudolfstiftung im Prüfbericht der MA 40 als „vorbildlich“ dargestellt wurde. „Die Patientin war unmittelbar nach dem AKH in der Rudolfstiftung, wo man ihr sagte, dass sie mehrere Stunden auf einen Arzt warten müsse.“ Tatsächlich wurde Sandra W. erst am darauf folgenden Tag aufgenommen.

Der Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), Wilhelm Marhold, sieht sich durch Hussleins Aussagen in seiner früheren Kritik, dass Sandra W. im AKH hätte untersucht werden müssen, bestätigt. Hussleins Vorwurf gegen die Rudolfstiftung – das Spital gehört zum KAV – gehe laut Marhold „ins Leere“. Laut Marhold wollte sich die Frau in diesem Fall für eine reguläre Geburt anmelden und „hat kein Wort über die Blutungen verloren“.

Chronologie: Der Fall Sandra W.

Abgewiesene Schwangere: Gutachten soll AKH entlasten

11. Jänner Sandra W. bekommt in der 13. Schwangerschaftswoche Blutungen. Im Göttlichen Heiland wird sie untersucht, aber ohne Diagnose nach Hause geschickt.

12. Jänner Sandra W. wird im AKH nicht untersucht. In der Rudolfstiftung steht kein Arzt zur Verfügung.

13. Jänner Die Rudolfstiftung nimmt die Frau auf. Neun Tage später stirbt ihr Kind.

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