A4-Drama: Vier Syrer werden in Wien beigesetzt

Die Trauergäste beten vor den Särgen der syrischen Familie
Syrische Familie fand auf dem islamischen Friedhof Wien ihre letzte Ruhe

„Ist das das Europa, das Ihr wolltet?“, ruft die junge Frau mit weißem Schleier unter Tränen. Gerade hat man vor ihr den Sarg ihrer Schwester Hend vorbeigetragen. Die 17-jährige Syrerin wurde Ende August tot in dem Schlepper-Lkw auf der A4 bei Parndorf gefunden. Genauso wie ihr Bruder Almuthanna, ein angehender Jurist. Und genauso wie ihre Eltern, ehemalige Lehrer im ostsyrischen Deir ez-Zor.

Am Mittwoch wurden vier Opfer der Schleppertragödie mit insgesamt 71 Toten auf dem islamischen Friedhof in Wien-Liesing beigesetzt. Hunderte Trauergäste waren zu der schlichten Feier gekommen, darunter auch die zweite Tochter des Lehrer-Ehepaares, die mit ihrem Mann in Deutschland lebt. Auf ihren Wunsch fand die Beisetzung in Wien statt.

„Es ist besonders schmerzhaft, Mitmenschen auf diese Weise zu verlieren“, sagt Fuat Sanac, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, bei einer kurzen Ansprache vor den Särgen der vier Syrer. „Sie sind nicht gestorben, sondern wurden ermordet.“ Aber es sei ein Trost, dass sie auf einem islamischen Friedhof beigesetzt werden konnten.

Unter den Trauergästen war auch Karim Al Achmad, Arzt und Verwandter der Familie, der selbst vor vier Jahren von Syrien nach Österreich geflohen ist. „Ich habe zuerst nicht glauben können, dass meine Verwandten unter den Opfern sind.“ Sein Wunsch: „Die Behörden müssen strenger gegen Schlepper vorgehen, die den Menschen nicht helfen, sondern rein ein Geschäft machen wollen.“

37 der 71 Schlepper-Opfer konnten bisher eindeutig identifiziert werden, darunter 25 Iraker, sieben Afghanen und fünf Syrer. Mittlerweile steht auch die Identität des mutmaßlich jüngsten der vier Kinder im Laderaum des Transporters fest. Die kleine Lida aus Afghanistan hätte in diesen Tagen ihren ersten Geburtstag gefeiert.
Bei der Landespolizeidirektion Burgenland rechnet man damit, dass der mühsame Prozess der Identifizierung noch heuer abgeschlossen wird. Ob die Identität aller 71 Toten festgestellt werden kann, ist aber fraglich.

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Der 32-Jährige Lkw-Lenker befindet sich in Bulgarien in Haft. Seine Auslieferung an Österreich wurde vor wenigen Tagen beschlossen. Seine Festnahme und die von fünf weiteren mutmaßlichen Mitgliedern einer Schlepperbande war binnen weniger Tage nach der Entdeckung der Tragödie erfolgt. Die anderen fünf Beschuldigten befinden sich in Ungarn in U-Haft.

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