Wenn der Kinderwunsch für Eltern zum Albtraum wird

Wenn der Kinderwunsch für Eltern zum Albtraum wird
Der unerfüllte Kinderwunsch bringt Paare an ihre körperlichen und emotionalen Grenzen. Eine junge Mutter glaubte nicht mehr an ihr Babyglück, bis sie Drillinge bekam.

Der unerfüllte Kinderwunsch treibt in Österreich Tausende Paare zur Verzweiflung. In der Hoffnung auf ein Baby nehmen Frauen und ihre Partner teils unbeschreibliche Strapazen und einen emotionalen Höllenritt in Kauf.

Beispielhaft für das Schicksal Hunderter Paare ist die Geschichte einer jungen Niederösterreicherin. Der Fall von Stefanie K. (Name geändert) wird derzeit von der Niederösterreichischen Patientenanwaltschaft geprüft. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Fortpflanzungsmediziner mehrere künstliche Befruchtungen vorgenommen haben, obwohl diese aufgrund einer Zyste niemals zum Erfolg führen hätten können.

Wenn der Kinderwunsch für Eltern zum Albtraum wird
"Wir warten noch auf alle Unterlagen der Klinik und werden die Angelegenheit genau prüfen. Solche Fälle kommen leider bei künstlichen Befruchtungen immer wieder vor. Es sind Beschwerden mehrere Frauen eingegangen", erklärt Patientenanwalt Gerald Bachinger.

Stefanie K. zählt zu den etwa zehn bis 15 Prozent Frauen, die an Endometriose leiden. Dabei kommt es zu schmerzhaften Wucherungen von Gewebe der Gebärmutterschleimhaut. In den meisten Fälle ist die Erkrankung der Grund für die Unfruchtbarkeit. "Um überhaupt schwanger werden zu können, habe ich mich in einem Endometriose-Zentrum operieren lassen", schildert Stefanie K.

Wenn der Kinderwunsch für Eltern zum Albtraum wird
Danach wählte die 29-Jährige 2013 eine der österreichweit 27 Kinderwunschkliniken aus. Gleich beim ersten Versuch kam es zu einer Eileiterschwangerschaft, worauf beide Eileiter entfernt werden mussten. "Danach bekam ich eine Endometriose-Zyste, die aber anscheinend nicht erkannt wurde", sagt Stefanie K.: "Es war zum Verzweifeln."

Eine weitere Befruchtung schlug fehl, beim dritten Versuch kam es laut der 29-Jährigen dann zu unerwarteten Komplikationen. "Ich bin aus der Narkose aufgewacht und hing bereits an einer Infusion. Zuvor hatte ich nie eine bekommen. Im Gegensatz zu den anderen Versuchen hatte ich höllische Schmerzen. Das dauerte eine Woche", so die Niederösterreicherin. Nahe an einem Nervenzusammenbruch wandte sich die junge Frau an Spezialisten des AKH, wo die Zyste festgestellt und medikamentös behandelt wurde, bis sie abging. "Laut den Medizinern im AKH hätten die beiden Befruchtungen davor niemals so stattfinden dürfen. Besonders stutzig hat mich gemacht, dass die Klinik meine Patientenakte nicht herausgeben wollte", erklärt Stefanie K. Nach der künstlichen Befruchtung im AKH wurde sie im vierten Anlauf schwanger und brachte gesunde Drillinge zur Welt.

Viele Fehlversuche

Die Schwangerschaftsrate pro künstlicher Befruchtung liegt im Österreich-Schnitt bei nur 30 Prozent. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht klappt, ist leider viel höher", heißt es vonseiten der Kinderwunschkliniken.

Besonders nach mehreren gescheiterten Versuchen werden Kinderwunschkliniken immer wieder mit Betrugsvorwürfen konfrontiert. Schließlich sind gerade künstliche Befruchtungen ein kostspieliges Unterfangen.

Betrugsermittler des nö. Landeskriminalamtes führen beispielsweise Ermittlungen gegen einen Fortpflanzungsmediziner, der an mehreren Standorten in verschiedenen Bundesländern tätig war. Mehrere Patientinnen fühlen sich geschädigt und wollen von dem Gynäkologen nach erfolglosen Behandlungen ihr Geld zurück. Laut dem Patientenanwalt ist dies allerdings kein Phänomen der Fortpflanzungsmedizin. Auch in anderen Fachbereichen gibt es strittige Fragen, die mit finanziellen Forderungen einhergehen.

Fälle wie der von Stefanie K. kommen in der Fortpflanzungsmedizin immer wieder vor. "Es ist oft so, dass Patienten irgendwo ein oder zwei Versuche gemacht haben, nicht zufrieden waren und nach dem Wechsel zu einer anderen Klinik klappt es gleich", erklärt der Reproduktionsmediziner Prim. Wilfried Feichtinger vom Wiener Wunschbaby Institut. "Manchmal hat man Scheuklappen bei der Behandlung, ein Wechsel bringt oft andere Ideen und Zugänge. Letztendlich gibt es bei der künstlichen Befruchtung aber keine Kochrezepte. Sie beruht auf Intuition und Erfahrung."

Endometriose ist eine der möglichen Voraussetzungen für die Finanzierung durch den IVF-Fonds (siehe Info rechts). "Sie ist keine gefährliche, aber eine lästige Erkrankung und kann die Prozedur erschweren", erklärt Feichtinger. Es sei allerdings normal, dass es mehrere Anläufe braucht, bis eine Schwangerschaft zustande kommt. "Der Fonds zahlt nicht umsonst vier Versuche." Manchmal müsse man sich erst herantasten, die Patientin kennenlernen, um zu wissen, wie sie auf eine bestimmte Behandlung reagiert.

Der Erfolg einer künstlichen Befruchtung sei auch stark von der Psyche abhängig. "Die, die es am entspanntesten angehen, sind oft am schnellsten schwanger. Umgekehrt tun sich die, die alles richtig machen wollen und viel im Internet nachlesen, meistens schwerer. Was zählt, ist ein gutes Verhältnis zum Behandler." Die meisten Kliniken arbeiten mit Psychologen zusammen, die das Paar durch die emotional aufwühlende Zeit begleiten und dabei helfen, den Stress und die Angst zu nehmen.

Wenn Paare trotz mehrerer gescheiterter Versuche nicht aufgeben wollen, sei es als Arzt schwer, Nein zu sagen, räumt Feichtinger ein. "Solange die Frau Eizellen und der Mann Spermien hat, kann man nicht ablehnen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Schwangerschaft mit zunehmendem Alter sinkt." Und manche führt die Hartnäckigkeit tatsächlich zum Erfolg, und sie werden sogar noch mit 44 schwanger – andere gehen weiter und suchen im Ausland nach alternativen Wegen zum Kind, die in Österreich nicht erlaubt sind.

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