Rekrutinnen im Anmarsch

Ab jetzt: zwölf Monate Grundwehrdienst für alle Norwegerinnen.
Als einziges europäisches Land holt Norwegen jetzt auch Frauen zum Präsenzdienst.

Die ersten Wochen Waffen- und Schießdienst, Marschieren und das richtige Rucksackpacken haben sie bereits hinter sich – die rund tausend Norwegerinnen, die im Sommer in die Armee des skandinavischen Landes einrücken mussten. Vor knapp zwei Jahren hat das Parlament in Oslo mit großer Mehrheit die Einführung der Wehrpflicht auch für Frauen beschlossen. Jetzt ist es so weit – als einziges Land Europas beordert das NATO-Mitglied Norwegen seit Ende Juli junge Rekrutinnen in die Kasernen.

In Zeiten, wo immer mehr europäische Staaten die Wehrpflicht absetzen (oder aber wie in Fall Österreichs bei einem Referendum mit klarer Mehrheit dagegen stimmten), sorgt der Ruf zum Dienst an der Waffe bei den Norwegerinnen für keine große Aufregung. Im Gegenteil, Norwegens Armee genießt in der Bevölkerung hohes Prestige. Zugang zur Armee haben Norwegerinnen seit Langem, "in allen höheren Offiziersrängen findet man bei uns Frauen", schildert Armee-Sprecher Vegard Finberg dem KURIER.

Fast ein Drittel Frauen

Rekrutinnen im Anmarsch
Helgen 01. - 04. april arrangerte Luftforsvaret en utdannings- og rekrutteringscamp på Luftforsvarets skolesenter Kjevik. Om lag 220 jenter fra hele landet møtte opp for å føle på soldatlivet. Her får jentene prøve seg på en hinderløype som omfatter mye fysiske utfordringer. / The Royal Norwegian Air Force arranged a camp for girls, to recruit them to military service.
Schlagartig schnellte der Anteil der Frauen in Norwegens Armee seit Einführung der Wehrpflicht von bisher 20 auf nunmehr fast 30 Prozent nach oben. Sollen es eines Tages 50 Prozent sein – um volle Gleichberechtigung innerhalb des Militärs zu erreichen? "Es geht uns nicht um eine Quote", wehrt Finberg ab, "vielmehr haben wir jetzt die Möglichkeit, die Besten der Männer und Frauen für bestimmte Armeeinheiten auszuwählen". Tatsächlich sei es "schier verrückt", so meinte vor Kurzem Norwegens Verteidigungsministerin Ine Eriksen Soreide, "dass wir die Hälfte der Bevölkerung so lange von so wichtigen Aufgaben wie der Verteidigung ausgeschlossen haben".

Zwölf Monate dauert der Grundwehrdienst in Norwegen – einen Zivildienst gibt es schon seit vielen Jahren nicht mehr.

Gemeinsame Schlafsäle

Für den Anmarsch der jungen Frauen in die Kasernen ist man in Norwegen gut gerüstet. Die Rekrutinnen teilen mitunter sogar die Schlafräume mit ihren männlichen Kollegen – das soll, so zumindest berichtet es das norwegische Heer, die Zahl der ohnehin wenigen sexuellen Belästigungen sogar noch weiter zum Sinken gebracht haben. Sex auf dem Militärgelände ist untersagt, auf ein explizites Verbot unter Strafandrohung konnte sich die Armeeführung aber noch nicht einigen.

Frauen zum Dienst am Vaterland zu verpflichten – das war aus der Perspektive der norwegischen Politik ein höchst notwendiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Geschlechter. Gleiche Rechte für Männer und Frauen, aber auch gleiche Pflichten lautet die Devise im dem skandinavischen Staat, der punkto Gleichstellung als einer der am weitesten fortgeschrittenen der Welt gilt. Als erstes Land überhaupt etwa hatte Norwegen die Väter-Teilzeit eingeführt – heute teilen neun von zehn norwegischen Vätern die Elternteilzeit mit der Mutter ihres Kindes. Als Pionier erwies sich Oslo bereits vor zehn Jahren auch bei der Einführung einer Frauenquote in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen. 40 Prozent der Manager müssen seither Managerinnen sein.

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