Polnischer Kulturkampf um den Kürbis

Regierung und Kirche machen mobil gegen "dämonische Praktiken" um Halloween.

Wie kann man dem Grinsekürbis beikommen? Diese Frage treibt aktuell wieder Polens praktizierende Katholiken um. Die Begeisterung für den Gruselkult Halloween ist seit einigen Jahren vor allem bei der polnischen Jugend groß. Vertreter des Klerus’ setzten daher Ende Oktober warnende Briefe auf, etwa Jerzy Mazur, Bischof im masurischen Lück (Elk): "Mit Kummer beobachten wir, dass sich das anti-christliche Halloween in unserem Vaterland verbreitet." Der Kult stößt der katholischen Kirche besonders sauer auf, da Allerheiligen als wichtiger Feiertag in Polen gilt, wo sich die Familie auf dem Friedhof trifft und der Toten gedenkt.

"Heidentum"

Der kirchliche Würdenträger warnte vor einer "Rückkehr zum Heidentum" und "dämonischen Praktiken". In Schulen sollte Halloween daher nicht mehr gefeiert werden. Seit die nationalkonservative und kirchennahe Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) die Wahlen vor zwei Jahren gewonnen hat, verbieten immer mehr Kindergärten und Schulen Halloweenfeiern. Zwar nehmen nach Umfragen nur 21 Prozent der Polen an solchen Aktivitäten teil. Doch in den Verbrauchermärkten an der Weichsel steigt von Jahr zu Jahr das Angebot an Gruselklamotten und Süßigkeiten, das mit dem einst keltischen Brauch verbunden ist. Dieser kehrte über die USA wieder nach Europa zurück.

Zahlen über den Konsum um den umstrittenen Kult gibt es nicht, das staatliche wie staatsnahe Polskie Radio meinte sogar, der Trend sei rückläufig. Doch dies ist Wunschdenken – viele PiS-Regionalpolitiker setzen sich gegen Halloweenfeiern ein.

Die Kirche versucht mit Gegenaktionen die Kinder vom Halloweenkult abzubringen – etwa mit Festen unter dem Motto "Holy Wins" (das Heilige gewinnt). In Schulen werden nun unter dem Einfluss der katholischen Kirche, der mehr als 90 Prozent der Polen angehören, "Bälle der Heiligen" angeboten, auf denen sich die Burschen und Mädchen als "Heilige" verkleidet, als Papst, Nonne bzw. Mönch oder als Franz von Assisi. Dabei gibt es Süßigkeiten – ohne Geisteraufdruck.

Exorzisten-Expertise

"Es gibt keine Notwendigkeit, sich fremder Kulturen zu bedienen", schreibt der Leiter einer staatlichen Grundschule in Lodz in seiner Einladung zu einem "Heiligenball". Die Unvereinbarkeit mit der polnischen Kultur wird auch von Geistlichen als Argument im "Kulturkampf" um das richtige Fest genutzt.

Der Geisterkult ruft auch jedes Jahr die Expertise von Exorzisten auf den Plan, eine breit akzeptierte Berufung von Geistlichen. Diese verbreiten in Kirchenzeitungen, dass sie Schäden für die Kinder von Halloweenfeiern festgestellt hätten und warnen, dass das Dämonische anfangs oft harmlos daherkomme.

Doch Allerheiligen ist bisher in Polen in seiner Bedeutung nicht durch den Keltenbrauch gefährdet, mit dem er eine gemeinsame Wurzel hat. Nach Statistiken halten sich an diesem Tag 95 Prozent der Polen auf Friedhöfen auf, viele legen hunderte von Kilometern zurück, um allen verstorbenen Verwandten eine Kerze auf das Grab zu stellen. Aufgeschlossene Kerzenverkäufer bieten jedoch bereits vor den Friedhofsmauern Grablichter mit Kürbisfratze an.

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