Michael Brown vor einem Jahr erschossen

Politik bemühte sich um Verbesserung der Lage der mehrheitlich schwarzen Bevölkerung. Spannungen in der Kleinstadt bleiben.

Ein Jahr nach den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf den afroamerikanischen Jugendlichen Michael Brown sind die Wunden in Ferguson noch nicht verheilt. Ausgebrannte Gebäude in dem Vorort von St. Louis im US-Staat Missouri erinnern an die heftigen Proteste nach dem Tod des Teenagers und dem Verzicht auf einen Strafprozess gegen den Schützen.

Die Politik bemühte sich, die Lage der mehrheitlich schwarzen Bevölkerung von Ferguson zu verbessern. Doch die Spannungen in der Kleinstadt bleiben.

Ferguson: 67 Prozent schwarz

Ferguson sieht aus wie viele Vorstädte in den USA. Im Häusermeer der Metropolregion von St. Louis ist kaum zu erkennen, wo die Kleinstadt endet und der nächste Vorort beginnt. Kirchen und Einkaufszentren säumen die breiten Straßen, Einfamilienhäuser und Apartmentgebäude lösen sich ab. Von den rund 21.000 Einwohnern sind 67 Prozent schwarz und 29 Prozent weiß.

Am 9. August 2014 ging Michael Brown mit einem Freund den Canfield Drive hinunter, die beiden Jugendlichen waren mitten auf der ruhigen Seitenstraße unterwegs. Kurz zuvor war der Diebstahl von Zigarillos in einem Geschäft um die Ecke gemeldet worden. Wie sich später bei der Auswertung der Überwachungskameras des Geschäfts herausstellte, war der 18-jährige Brown tatsächlich ein Verdächtiger bei dem Diebstahl.

Polizist schoss sechs Mal

Der Polizist Darren Wilson fuhr mit seinem Streifenwagen den Canfield Drive entlang und stoppte die beiden Teenager. Über die anschließende Konfrontation gibt es widersprüchliche Darstellungen, am Ende lag Brown aber in einer Blutlache am Boden. Sechs Kugeln aus Wilsons Dienstwaffe hatten den unbewaffneten Jugendlichen getroffen. In den Wochen danach kam es zu Ausschreitungen in Ferguson, die Proteste dehnten sich auf weitere Städte aus. Der Vorort von St. Louis wurde zum Symbol für Rassismus und Polizeigewalt in den USA.

Im November brach sich die Wut erneut Bahn, als sich eine sogenannte Grand Jury aus Laienrichtern gegen eine Anklage Wilsons entschied. Im März stellte auch das US-Justizministerium die Ermittlungen im Fall Michael Brown ein. Für eine Verletzung der Bürgerrechte durch Wilson gab es keine gerichtsfesten Beweise.

Polizei trägt jetzt Minikameras

Ein Bericht des Justizministeriums bestätigte allerdings die routinemäßige Schikane von Afroamerikanern durch die überwiegend weiße Polizeitruppe von Ferguson. Mittlerweile hat die Vorstadt einen schwarzen Polizeichef, auch die Führungsebene der Stadtverwaltung wurde teilweise ausgetauscht. Die Polizisten tragen Minikameras am Körper, die ihre Einsätze genau dokumentieren sollen.

"Es wird nicht einfach, es wird nicht über Nacht geschehen", sagt Fergusons stellvertretender Bürgermeister Mark Byrne über die Bemühungen, den Umgang zwischen den Behörden und der Bevölkerung zu verbessern. Aber er ist überzeugt: "Wir können das Problem lösen."

"Gemeinde ist verwüstet worden"

Der Restaurantbesitzer Charles Davis hofft, dass Demonstrationen am Jahrestag von Michael Browns Tod nicht wieder in Gewalt umschlagen. "Ich bete, dass die Leute geduldig sind", sagt er. "Wir als Gemeinde sind verwüstet worden." Die Veränderungen in Ferguson seien aber spürbar. "Hoffentlich ist dieser junge Mann nicht umsonst gestorben."

Wilson hat den Polizeidienst inzwischen quittiert und lebt zurückgezogen in St. Louis. Kürzlich äußerte er sich in einem Interview mit dem Magazin "New Yorker" erstmals öffentlich - und zeigte wenig Mitgefühl für Brown: "Denke ich darüber nach, was er für eine Person war? Nicht wirklich, denn das spielt jetzt keine Rolle mehr."

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