Mehr Abtreibungen wegen Zika-Virus

Mehr Abtreibungen wegen Zika-Virus
Die WHO berät in einer Dringlichkeitssitzung über die Ausbreitung des Virus.

Die Weltgesundheitsorganisation berät heute in einer Dringlichkeitssitzung in Genf, ob wegen des Zika-Virus ein "weltweiter Gesundheitsnotstand" ausgerufen werden soll. Die WHO befürchtet bis zu vier Millionen Krankheitsfälle im heurigen Jahr, davon allein 1,5 Millionen in Brasilien. Das vor allem für Ungeborene während der Schwangerschaft gefährliche Zika-Virus breitet sich derzeit rasant in Südamerika aus. Inzwischen wurde es aber auch in mehreren europäischen Ländern diagnostiziert. In Österreich ist der Fall einer Brasilien-Touristin bekannt geworden. Experten sehen aber nicht die Gefahr einer Epidemie für Österreich. Beim Ebola-Virus in Westafrika war der WHO vorgeworfen worden, sie habe zu lange gebraucht, um den Notstand zu deklarieren.

Zika-Virus: Wann Sie zum Arzt gehen sollten

Das Zika-Virus steht im Verdacht, bei einer Infektion von Schwangeren Mikrozephalie beim Kind auszulösen. Babys kommen mit einem viel zu kleinen Schädel auf die Welt, was meist zu geistiger Behinderung führt.

Deshalb gibt es in Brasilien einem Bericht zufolge verstärkt Abtreibungen. Die Zeitung "Folha de Sao Paulo" zitiert mehrere Ärzte, dass bei ihnen Frauen, die sich mit Zika infiziert haben, um eine anonyme Abtreibung gebeten hätten. Sie seien in der Regel verheiratet, hätten ein hohes Bildungsniveau, gute finanzielle Bedingungen und wollten ein Kind - aber seien nun verzweifelt wegen der Möglichkeit, dass das Baby mit Fehlbildungen geboren wird, hieß es unter Berufung auf die Ärzte. Eine private Abtreibung kostet in Brasilien bis zu 15.000 Real (3.460 Euro) - einige Frauen würden erst gar nicht die Prognose abwarten, ob das Baby wirklich mit Mikrozephalie auf die Welt kommen würde, heißt es in dem Bericht.

Impfstoff

Wie die Zeitung "Estado de Sao Paulo" berichtete, ist ein Grund für die Ausbreitung auch das viel größere Verbreitungsgebiet der Moskitoart Aedes aegypti, die auch das ebenfalls in Brasilien stark verbreitete Dengue-Fieber überträgt. Binnen zehn Jahren sei die Fläche, wo die Moskitoart vorkommt, von 1,5 auf 6,9 Millionen Quadratkilometer gewachsen, was 81 Prozent der Landesfläche Brasiliens entspreche. Bisher hat sich das Virus in knapp 25 Ländern vor allem Süd- und Mittelamerikas ausgebreitet. Einen Impfstoff gibt es noch nicht. Das soll sich durch einen gemeinsamen Ansatz von USA und Brasilien ändern. Dazu werden US-Präsident Barack Obama und die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff eine hochrangige Expertengruppe einsetzen, wie beide laut Rousseffs Büro in einem Telefonat vereinbarten. Die Entwicklung dürfte aber noch dauern.

Dass Zika schon zum Synonym für Katastrophe geworden ist, zeigt eine Bredouille, in die der indische Autobauer Tata Motors rutschte. Tata muss nun überlegen, seinen neuen Kleinwagen umzubenennen. Denn das Modell trägt den Namen "Zica", der sich aus den englischen Wörtern "zippy" ("flott") und "car" ("Auto") zusammensetzt, wie die Firmensprecherin Minari Shah am Montag in Mumbai mitteilte. Der Wagen soll diese Woche auf der Messe "Auto Expo" bei Neu Delhi vorgestellt werden.

Es ist ein bisher einmaliger Schritt, den die US-Gesundheitsbehörde CDC am Wochenende gesetzt hat: Sie empfiehlt Schwangeren, nicht unbedingt notwendige Reisen in 14 süd- und mittelamerikanische Länder (siehe Grafik) zu verschieben. Denn seit Mai 2015 breitet sich auf dem amerikanischen Kontinent das Zika-Virus aus. Es mehren sich die Anzeichen, dass es für Fehlbildungen bei Babys verantwortlich ist. "Dieser Zusammenhang gilt mittlerweile als sehr wahrscheinlich", so Univ.-Prof. Herwig Kollaritsch vom Zentrum für Reisemedizin in Wien.

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Woher kommt das Virus?

Es wurde erstmals 1947 aus einem Rhesusaffen im Zika Forest in Uganda isoliert. Vor 2015 trat es nur in Afrika, Asien und im Südpazifik auf. Mittlerweile meldet Kolumbien bereits mehr als 11.000 Krankheitsfälle, in Brasilien gibt es bereits mehr als 3500 Verdachtsfälle von Fehl- und Missbildungen bei Neugeborenen.

Wieso breitet es sich jetzt in Lateinamerika aus?

Manche Experten meinen, es wurde von Besuchern der Fußball-WM 2014 nach Brasilien eingeschleppt. "Da sehe ich keinen Zusammenhang", sagt hingegen Kollaritsch. "Schließlich wurde der erste Fall in Brasilien auch erst im Mai 2015 – also fast ein Jahr nach der WM – nachgewiesen." Solche Ausbreitungswellen von Viren habe es immer wieder gegeben. So wurde Ende 2013 auch das Chikungunya-Virus erstmals auf dem amerikanischen Kontinent nachgewiesen, zwanzig Jahre davor das Dengue-Virus.

Wie wird das Zika-Virus übertragen?

In der ersten Krankheitsphase können es bestimmte Stechmücken aus dem Blut eines Infizierten aufnehmen und bei ihrer nächsten Blutmahlzeit auf eine noch gesunde Person übertragen. Laut US-Medien gibt es aber mittlerweile auch einen Bericht über Blutkonserven und einen über Sexualkontakte als Infektionsquellen.

Ist das Zika-Virus generell gefährlich?

Nein. Nur einer von fünf Infizierten entwickelt überhaupt Symptome. Die meisten Fälle verlaufen recht harmlos mit Gelenksschmerzen, Fieber und einem Hautausschlag. Spitalsaufnahmen sind selten.

Wie können sich Schwangere schützen?

Wichtigste Schutzmaßnahme ist die Vermeidung von Insektenstichen – durch geschlossene Kleidung und Mückenabwehr. "Spezielle zugelassene Abwehrsprays sind auch für Schwangere und ihr Baby unbedenklich", betont Kollaritsch. Ähnlich die CDC: "Die Mittel sind sicher und effektiv." Allerdings: Sie können das Risiko eines Insektenstiches nur reduzieren, aber nicht hundertprozentig verhindern.

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Nehmen auch Dengue-Fälle in Südamerika zu?

Ja. In Brasilien ist 2015 die Zahl der registrierten Dengue-Infektionen auf mehr als 1,6 Millionen gestiegen – eine Zunahme von 178 Prozent im Vergleich zu 2014. Auch hier sind Mücken die Überträger. In Brasilien, Mexiko und den Philippinen ist seit Kurzem ein Impfstoff des Pharmakonzerns Sanofi Pasteur gegen Dengue zugelassen, sinnvoll ist er aber nur bei Langzeitaufenthalten. Gegen das Zika-Virus gibt es keinen Impfstoff.

Was raten österreichische Reisemediziner?

"Ich rate Schwangeren – genauso wie die US-Behörden – auf Reisen in die derzeit stark betroffenen Länder zu verzichten", sagt Kollaritsch. Auch wenn das Risiko von Fehlbildungen bei einer Infektion in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen am größten zu sein scheint, "würde ich in der gesamten Schwangerschaft nichts riskieren. Brasilien gibt es morgen auch noch".

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