Bischofssynode zu Ehe und Familie

Mit der Synode wird eine Weichenstellung im Pontifikat von Papst Franziskus erwartet.

In Rom dreht sich bei der zweiwöchigen Bischofssynode alles um Ehe und Familie. 250 Bischöfe aus aller Welt diskutieren über "pastorale Herausforderungen der Familie im Rahmen der Evangelisierung". Österreich ist durch den Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn vertreten.

Papst Franziskus will mit Bischöfen Lösungen zu drängenden Fragen der Gläubigen in aller Welt finden. Konkret wird über den Umgang mit Kirchenmitgliedern bei Ehescheidung und mit wiederverheirateten Geschiedenen gesprochen. Diskutiert wird aber auch über Empfängnisverhütung, Patchwork-Familien und Auswirkungen der Wirtschaftskrise. "Glückliche Familien sind essenziell für die Kirche und die Gesellschaft", sagte Franziskus.

Weltweite Befragung

Im Vorfeld wurde ein Arbeitspapier erstellt, das die Umfrageergebnisse der weltweiten Befragung von Gläubigen mit einbezieht. Zur Überraschung von Beobachtern wird darin auch der Vorschlag, eine zweite Beziehung nach dem Scheitern einer Ehe kirchlich zu segnen, erwähnt.

Die Mühlen hinter vatikanischen Mauern mahlen jedoch langsam: In den kommenden zwei Wochen wird vor allem eine offene Diskussion stattfinden. Konkrete Schritte darf man erst nach der Weltbischofssynode im Herbst 2015 erwarten. "Erst dort wird ein päpstliches Dokument zum Thema Familien veröffentlicht, bei dem auf Ehe, Erziehung der Kinder, aber auch das Thema der Geschiedenen und ihre Beziehung zu Sakramenten eingegangen wird", sagte der Vorsitzende des Päpstlichen Familienrates, Vincenzo Paglia.

Hoffnungen auf große Reformen wurden bereits gedämpft: Franziskus, der sich im Umgang locker gibt und für eine Kirche der Armen plädiert, wird nicht an der Kirchenlehre rütteln. Vorrangig soll es um eine an moderne Lebensrealitäten angepasste seelsorgerische Praxis gehen. Denn, so Paglia: "Eine isolierte Kirche in einer geschlossenen Festung wäre, wie Papst Franziskus von Anfang an betonte, dem Untergang geweiht."

Marco Politi ist Vatikanexperte und Papstbiograf. Aktuell ist sein neues Buch "Franziskus unter den Wölfen" (Verlag Laterza) erschienen.

KURIER: Welche Änderungen sind nach der Synode zu erwarten?

Marco Politi: Das Ziel von Papst Franziskus ist nicht die Änderung der Kirchenlehre. Er will die Kirche an die Seite der Menschen – mit ihren Krisen und Fragen – stellen.

Kann man bereits konkrete Beschlüsse erwarten oder bleibt es vorerst bei Gesprächen?

Seit dem Amtsantritt von Franziskus hat sich schon viel geändert. "Wir müssen nicht mehr jonglieren", sagte mir ein österreichischer Pfarrer. Konkret bedeutet das, heute erhalten schon viel mehr Wiederverheiratete und homosexuelle Partner die Kommunion. Franziskus ist auch ein politischer Kopf. Deswegen hat er zwei Synoden aufgerufen: eine, bei der die Lage analysiert wird, und eine nächstes Jahr. So haben auch Kirchenvolk, Theologen und katholische Bewegungen Zeit, mitzureden und mitzuentscheiden.

Im Vorfeld gab es Debatten – ausgelöst durch ein Buch von fünf Kardinälen, die sich gegen eine Öffnung kirchlicher Standpunkte stellen. Von einer Spaltung und Widerstand gegen den Papst ist die Rede.

Ein Teil der Kirche – nicht nur Kurienmitglieder – ist noch in der Vergangenheit verhaftet. Sie verschließen die Augen vor der Kluft, die zwischen der abstrakten Doktrin und der Alltagspraxis in den Pfarren entstanden ist.

Ist es nicht ein Widerspruch, wenn sich Glaubenspräfekt Kardinal Müller gegenüber der Befreiungstheologie offen zeigt, gleichzeitig aber eine rigide Linie bei Ehescheidung verfolgt?

Es wäre falsch, eine Person auf ein Etikett festzulegen, speziell in der Kirche. Viele Geistliche vertreten eine offene Meinung zu einem Problem, während sie zu einer anderen Problematik eine traditionelle Sichtweise haben. Jemand kann bei sozialen Fragen offen sein und sich bei Ehefragen gegen eine liberalere Linie stellen. Ein anderer zeigt sich liberal im Umgang mit Homosexuellen, weigert sich aber, Frauen mehr Verantwortung zu geben.

Kardinal Schönborn sagte vorab: "Bitte erwarten Sie nicht, dass der Papst die Lehre der Kirche über die Ehe verändert."

Franziskus will ein Klima schaffen, in dem wie beim Zweiten Vatikanischen Konzil jeder Bischof seine Meinung sagt. Dabei gibt es auch Konflikte. Im Grunde geht es um eine Neugestaltung der Kirche. Ein Umbruch ist im Gange, bei dem man auch mit Rückschlägen rechnen muss. Aber seit Langem hat sich die Öffentlichkeit nicht mehr so für den Papst und die Kirche interessiert wie heute.

Kommentare