Polizei sucht Bürger als Hilfssheriffs

Sicherheitsbürger sollen mit der Polizei zusammenarbeiten
Ab August werden Wiener, die sich in ihrem Grätzel gut auskennen, zu Kontaktpersonen.

"Ich finde die Idee gut, mit der Polizei zusammenzuarbeiten und könnte mir das in unserem Café vorstellen", sagt Dusan Stojanovic. Der Serbe betreibt mit seiner Tochter das Kaffeehaus Laby in der Ottakringer Straße. Eine erste, vorsichtige Bewerbung als sogenannter "Sicherheitsbürger", die sicher gerne aufgenommen wird, denn Dusan Stojanivic wäre für diese Aufgabe prädestiniert.

Die Polizei sucht nämlich Menschen, die sich ab August als Kontaktpersonen über das aktuelle Geschehen in ihrem Bezirk mit ausgewählten Beamten austauschen wollen. Der Kaffeehaus-Betreiber hört viel in seinem Lokal, spricht Serbisch, ist ein Migrant und kann die Stimmung in der Ottakringer Straße gut einfangen.

Das Projekt "Community-Polizei" startet vorerst in den Bezirken Ottakring, Meidling, Donaustadt, Liesing, Hietzing, Hernals, Währing und Döbling. Bis Mitte 2017 soll es schließlich ganz Wien umfassen.

Schlüsselpersonen

"Bei den Sicherheitsbürgern wird es sich um Schlüsselpersonen handeln. Menschen, die viel aus den Bezirken mitbekommen", sagt der stellvertretende Polizeipräsident Karl Mahrer. Besondere Qualifikationen braucht man dafür nicht: "Wir werden die Personen keinem Screening unterziehen."

Einen Ausweis oder eine besondere Ausbildung werden die Kontaktpersonen nicht erhalten; Bezahlung gibt es auch keine. Was sie aber sehr wohl bekommen, sind Infos von der Polizei: "Die Sicherheitsbürger werden von der Polizei top informiert", sagt der Polizeivizepräsident." Empfehlungen, wer ein Sicherheitsbürger werden könnte, holt sich die Exekutive u.a. von der jeweiligen Bezirksvorstehung. Wie viele Sicherheitsbürger es letztendlich geben wird, steht noch nicht fest.

Zentraler Bestandteil des Konzepts sind jene Polizisten, die speziell für diese Aufgabe bereitgestellt werden. In jedem der 14 Stadtpolizeikommanden wird es mindestens einen Community-Beamten geben. "Wir werden auswählen, welche Beamten am besten geeignet sind. In einem Bezirk mit vielen Studenten werden wir bestimmt andere Leute bereitstellen, als in einer Gegend in der viele Pensionisten wohnen", erklärt Mahrer.

Etikettenschwindel

Das Vorhaben der Polizei löst auch Kritik aus: Heinz Patzelt, Österreich-Chef von Amnesty International, wirft der Exekutive Etikettenschwindel vor: "Es wird ein fachlich eindeutiger und klar belegter Begriff missbraucht", erklärt Patzelt.

Das "echte" Konzept des "Community Policing" sehe einen anderen Ansatz vor: Polizisten sollten in Grätzln und ethnischen Gruppen eintauchen, dort integriert und akzeptiert sein. Das sei ein mühsames und zeitintensives Unterfangen. Der Lohn dafür: rasche und wertvolle Informationen.

Das nun angekündigte Projekt gehe inhaltlich in eine diametral andere Richtung, erklärt Patzelt: "Das ist ein klarer Schritt in Richtung Bürgerwehr." Als Sicherheitsbürger kämen ohnehin nur jene Personen infrage, die gerne mit der Polizei in Kontakt treten: "Es werden Bürger mit Sonderinformationen ausgestattet, die sich im schlimmsten Fall dann als Hilfssheriffs aufführen", befürchtet der Menschenrechtsexperte.

Entscheidende Hinweise für Ermittlungen seien so nicht zu erwarten. Amnesty-Chef-Patzelt: "Das ist vielmehr eine Beruhigungspille für die herbeigeredete Gefährdungslage in Wien."

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