Weniger Strafe für Diebe, mehr für Gewalttäter

Der Prozess fand am Montag in Salzburg statt
Justizexperten schlagen mehr Balance zwischen Eigentums- und Gewaltdelikten vor.

Eine unbedingte Haftstrafe von mehreren Monaten für einen Ladendieb, dessen Beute 200 Euro betrug – ist das nicht zu streng? Der in Österreich Verurteilte ist gebürtiger Slowake und sollte seine Strafe in der Heimat absitzen, das wurde von unserem Nachbarstaat aber abgelehnt: Diebstähle bis zu einem Wert von 600 Euro werden dort bloß mit Verwaltungsstrafen geahndet.

Härtere Strafen für Delikte, die Verletzungen oder den Tod nach sich ziehen, dafür geringere Strafen, wenn es nur ums Geld geht: Darauf hat sich eine im Justizministerium angesiedelte Expertengruppe zur Reform des Strafgesetzbuches aus dem Jahr 1975 geeinigt. Die Vorschläge wurden jetzt dem Parlament unterbreitet.

Weniger Strafe für Diebe, mehr für Gewalttäter
Erste Reaktionen sind verhalten: Dass man eine Balance zwischen Eigentums- und Gewaltdelikten anstrebe, sei laut dem Grünen Justizsprecher Albert Steinhauser zwar "richtig". Allerdings warnt er davor, dass "Gewaltdelikte nicht überschießend bestraft werden". Als Beispiel nennt er die neue Deliktsform "versuchte schwere Körperverletzung". Bisher sei es aufgrund des Verletzungsgrades klar objektivierbar gewesen, ob eine Person schwer verletzt wurde. "Was ist ein Versuch? Da könnte es Probleme geben", sagt Steinhauser, der außerdem gerne ein "schlankeres" Strafgesetzbuch gehabt hätte. Er hat eine Liste mit Paragrafen, die quasi "totes Recht" sind – oder besser im Zivilrecht aufgehoben wären.

Schwere Körperverletzung soll in Zukunft jedenfalls strenger verfolgt werden: bis fünf Jahre Haft (bisher drei), bei Vorsatz bis zehn (bisher fünf), bei Tod bis 20 (bisher 10). Bei Unglücksfällen (z. B. Kunstfehler) oder Verkehrsunfällen soll zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit unterschieden werden, statt auf nur durch aufwendige Gutachten nachzuweisende "besonders gefährliche Verhältnisse" abzustellen.

15 Jahre Haft für schweren Raub

Der alkoholisierte Stammkunde eines Friseurgeschäfts, der mit einer Axt kam und "Geld her!" verlangte, wurde vom Personal mit den Worten "geh, schleich dich" abgewimmelt. Er musste dennoch wegen schweren Raubes zu fünf Jahren Haft verurteilt werden. Die Expertengruppe nahm’s zum Anlass, die Mindeststrafe von fünf Jahren auf ein Jahr zu senken. Dafür soll der Strafrahmen bei bewaffnetem Raub von bisher maximal zehn Jahren auf 15 Jahre erweitert werden.

Die Höchststrafe für den gewöhnlichen Diebstahl wird von fünf Jahren auf drei Jahre gesenkt. Die "gewerbsmäßige" Begehung, die bisher oft auch schon bei geringen Beträgen gemutmaßt und strenger bestraft wurde, soll wegfallen. Dafür wird bei wertvollerer Beute eine "berufsmäßige" Begehung eingeführt, der allerdings bereits mehrere solcher Delikte vorangegangen sein müssen.

Apropos höherer Wert: Unter schweren Betrug, der bis zu zehn Jahre Haft "kosten" kann, versteht man künftig erst die Schädigung ab 300.000 Euro (einige Experten plädieren sogar auf 500.000 Euro); bisher reichten schon 50.000 Euro Schaden. Der Einbruch (in ein Auto, ein Geschäft, ein Lager, einen Tresor) soll nur noch mit höchstens drei Jahren Haft geahndet werden (bisher fünf Jahre), außer es wird in eine Wohnung eingedrungen. Hier will man das Trauma durch den Eingriff in die Privatsphäre stärker gewichten.

Für Cyber-Kriminalität sieht das Expertenpapier viele Änderungen vor: Die "Störung der Funktionsfähigkeit eines Computers" liegt zukünftig auch dann vor, wenn ein Hacker gar nicht die Absicht hat, Daten auszuspähen. Wer Computer, die zu kritischer Infrastruktur (wie z. B. E-Werke etc.) gehören, "hackt", muss mit zwei Jahren Haft rechnen. Wer Daten gezielt beschädigt, wird ebenfalls härter bestraft. Wird ein eigens dafür geschaffenes Programm verwendet, sind bis zu zwei Jahre Gefängnis möglich. Auch Viren-Angriffe werden härter bestraft. Bei Schäden ab 300.000 Euro drohen fünf Jahre Häf’n. Außerdem schlagen die Experten den Straftatbestand des "Cybermobbings" vor.

Rechtzeitig für den "Gipfel gegen Hass" am 14. Oktober soll ein Entwurf für eine Reform des Verhetzungsparagrafen vorliegen. Kniffliger wird das Thema "Landfriedensbruch", dessen inflationärer Gebrauch zuletzt für Kritik sorgte. Das Justizministerium will ihn präzisieren und bis Jahresende einen Entwurf vorlegen.

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