"Weiß nicht, ob ich je Asyl bekomme"

Ali (31) aus dem Irak und Christian Fackler von der Caritas-Rückkehrhilfe
Die Zahl der Flüchtlinge, die freiwillig zurückgehen, stieg von 2015 auf 2016 um knapp ein Viertel.

Ali will nicht mehr. Selbst, wenn der 31-jährige Iraker plötzlich einen positiven Asylbescheid vorgelegt bekommen würde, er würde nicht bleiben. Ali geht zurück in den Irak. So wie es schon viele seiner Landsleute gemacht haben.

Von Anfang Jänner bis Ende Juni traten insgesamt 3195 Asylwerber freiwillig die Heimreise an. Die meisten von ihnen, nämlich 926, stammen aus dem Irak. Am zweit- und dritthäufigsten machten sich Afghanen (431) und Iraner (414) auf den Weg zurück in ihre Heimat. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres kam es laut Innenministerium (BMI) zu 2576 freiwilligen Ausreisen – das entspricht einer Steigerung von beinahe einem Viertel. Damals reisten Kosovaren (1140) am häufigsten zurück, gefolgt von Irakern (750) und Serben (498).

Asylwerber in Österreich, die zurückkehren wollen, können sich beim Verein Menschenrechte Österreich oder bei der Rückkehrhilfe der Caritas beraten lassen.

Schlechte Bedingungen

An die Caritas hat sich auch der 31-jährige Iraker Ali gewandt. Er will so schnell wie möglich zurück nach Bagdad – obwohl er sein ganzes Hab und Gut verkauft hat, um nach Österreich zu flüchten. "Ich bin seit 9. Oktober hier und hatte bis jetzt nicht einmal meinen ersten Interview-Termin", sagt Ali (Anm.: gemeint ist die erste Befragung nach Stellen des Asylantrags).

Er hat das Gefühl, dass Iraker schwerer Asyl bekommen als etwa Syrer: "Mein syrischer Freund hat schon nach vier Monaten einen positiven Bescheid gekommen", erzählt Ali. Der Iraker lebt mit seiner Frau und seiner ein Jahr alten Tochter in einem Containerdorf für Flüchtlinge in Mauer-Öhling, NÖ. Die Bedingungen dort seien nicht mehr auszuhalten: "Es ist sehr heiß in den Containern, wir haben keine Ventilatoren, meine Tochter hat überall Gelsenstiche."

"Weiß nicht, ob ich je Asyl bekomme"
Caritas, Flüchtlinge, Rückkehrberatung, 9., Spitalgasse
Ali war der dritte Asylwerber, der Dienstagvormittag von der Caritas über seine mögliche Rückkehr beraten wurde. Der Andrang ist seit dem Frühjahr abgeflaut. Während im Jänner und Februar täglich 30 bis 40 Asylwerber beraten wurden, sind es derzeit nur noch maximal zehn, an manchen Tagen auch nur fünf. "Es kehrt langsam wieder Normalität ein", sagt Christian Fackler, Leiter der Caritas-Rückkehrhilfe. Die Erwartungen vieler Flüchtlinge seien zurückgegangen: "Sie sind jetzt besser informiert, die Enttäuschung hier ist dann nicht mehr so groß", sagt Fackler. Außerdem habe sich die Krisensituation vom Winter mittlerweile gelegt.

Finanzielle Hilfe

Nach wie vor seien es aber die gleichen Gründe, warum Asylwerber Österreich wieder verlassen: "Viele haben Sorge um die Familie daheim und bezweifeln, dass eine Familienzusammenführung hier rasch erwirkt werden kann."

Asylwerber, die zurückgehen wollen, werden finanziell unterstützt. Das Innenministerium zahlt seit April zusätzlich zu den Reisekosten auch bis zu 500 Euro Starthilfe für die Reintegration im Heimatland; Davor waren es maximal 370 Euro. Die Höhe der Unterstützung hängt davon ob, wie schnell Asylwerber – nach Stellen ihres Asylantrags – um finanzielle Unterstützung ansuchen. 4949 solcher Anträge gab es im Jahr 2015, davon wurde in 4350 Fällen eine Unterstützung gewährt. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 1,77 Millionen Euro.

Alis Entscheidung, zurückzugehen, steht fest: "Ich weiß nicht, ob ich hier je Asyl bekomme. Zu Hause in Bagdad habe ich wenigstens einen Job. Auch wenn ich ganz von vorne beginnen muss."

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