Vermisst: 900 Fälle im Jahr

Seit acht Jahren sucht seine Mutter nach Aeryn Gillern
Zwei mysteriöse Fälle zeigen, wie verworren Umstände des Verschwindens sein können.

Im Minutentakt ändert sich die Zahl jener Menschen, die in Österreich vermisst werden. Zwischen 700 und 900 Suchmeldungen sind ständig aufrecht. 379 davon sind aktuell Minderjährige. Das Kompetenzzentrum für abgängige Personen wurde 2013 vom Bundeskriminalamt gegründet, um Spezialisten auf diese Fälle anzusetzen. Eine sensible Arbeit, denn so unterschiedlich die Vermissten sind, so unterschiedlich sind die Gründe, die für ihr Verschwinden verantwortlich sein könnten.

Ein besonders mysteriöser Fall ist der des amerikanischen UN-Mitarbeiters Aeryn Gillern, der im Oktober 2007 in Wien spurlos verschwand. Der damals 34-Jährige war dreifacher Magister, homosexuell, wurde einmal sogar zum Mr. Gay Vienna gekürt. Gillern soll im Oktober vor acht Jahren gegen 19 Uhr nackt aus der exklusiven Schwulensauna Kaiserbründl durch den ersten Wiener Bezirk zum Donaukanal gelaufen sein, um sich mit einem Sprung ins Wasser das Leben zu nehmen. Ein Zeuge gab an, den leblosen Körper in der Donau treiben gesehen zu haben. Der Mann revidierte seine Aussage zwei Mal und sagte schließlich, dass er nur ein Geräusch gehört hätte. Aeryn Gillerns Mutter Kathryn versucht seitdem ihren Sohn zu finden. Sie war selbst Polizistin und legte die Suche professionell an.

Laut der Ex-Polizistin stimmen die Angaben der Polizei nicht mit dem Anrufprotokoll überein. Aeryn soll um 19 Uhr verschwunden sein. Um 19.20 Uhr telefonierte er allerdings noch mit einem Kollegen, war angeblich bester Laune. Um 19.27 Uhr schickte Gillern eine SMS an seinen Freund mit der Nachricht, dass er bald zu Hause wäre und ihn dann anrufen würde. Doch dazu kam es nie. Stattdessen suchten um 20.45 Uhr Taucher nach der Leiche des Verschwundenen – vergeblich.

Der Faktor Zeit kann bei der Suche entscheidend sein, erklärt Mario Hejl, Sprecher des Bundeskriminalamts: "Die noch immer kursierende angebliche Regel, dass eine Abgängigkeit erst nach 24 Stunden angezeigt werden darf, ist falsch. Das stammt aus amerikanischen Kinofilmen und entspricht nicht den Tatsachen." Wird befürchtet, dass Suizidgefahr besteht oder die abgängige Person Opfer einer Gewalttat oder eines Unfalls geworden ist, kann sofort Anzeige erstattet werden.

Brandalarm

Vermisst: 900 Fälle im Jahr
Vermisst
Im Fall der tschechischen Skilehrerin Dita D. könnte Suizid eine Erklärung für das rätselhafte Verschwinden sein. Die Frau, die für eine örtliche Skischule in Kappl im Tiroler Paznauntal arbeitete, verschwand mitten in der Wintersaison spurlos aus ihrer Unterkunft.

Der Wirt der Pension wurde in der Nacht auf den 10. Jänner von Brandalarm geweckt. Im Zimmer der 39-Jährigen war Feuer ausgebrochen, die Tür von innen verschlossen. Als die Polizei die Tür aufbrach, war Dita D. verschwunden. Sie dürfte über das Badezimmer geflüchtet sein.

"Sie ist nie wieder aufgetaucht", sagt Walter Pupp, Leiter des Tiroler Landeskriminalamts. Es habe Kontakt mit den tschechischen Behörden gegeben – ohne Ergebnis. Zwei Tage lang wurde von Bergwacht und Polizei mit Hubschrauber und Hunden nach der Frau gesucht, die bei tiefwinterlichen Verhältnissen verschwunden ist.

Kommentare