Urlauber haben Angst vor Terror und "Grexit"

Ein tunesischer Student hatte vor eineinhalb Wochen in einem Hotel im Badeort Sousse 38 Menschen erschossen. Nun wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.
Bewaffnete Sicherheitskräfte an tunesischen Traumstränden und lange Warteschlangen vor griechischen Banken – Bilder, an die sich Touristen heuer gewöhnen müssen. Experten erklären im KURIER, wo die Angst berechtigt und wo der Urlaub sicher ist.

Die schönsten Wochen des Jahres endeten für 38 Urlauber in Tunesien mit dem Tod. Wirtschaftliche Hiobsbotschaften von griechischen Bankomaten, die kein Geld mehr ausspucken, erreichen die Medien im Stundentakt. Einen geeigneten, sicheren Urlaubsort zu finden, ist seit andauernden Terrorwarnungen und Wirtschaftskrise nicht mehr einfach. Viele Urlauber sind verunsichert, erklärt Martin Weiss, Sprecher des Außenministeriums: "Die Klickzahlen auf unserer Homepage mit Reisewarnungen sind extrem angestiegen." 3,5 Millionen Mal informierten sich die Österreicher heuer schon darüber, wo sie lieber nicht hinfahren sollten.

Urlauber haben Angst vor Terror und "Grexit"
APA9162244-2 - 22082012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT AI - Der neue Pressechef des Außenministeriums in Wien Martin Weiss. Der gebürtige Salzburger war zuvor bereits Leiter der Pressestelle (2001-2004) sowie langjährige Diplomat an der Botschaft in Washington und Generalkonsul in Los Angeles. Zuletzt fungierte der 49-Jährige fungierte als Botschafter in Zypern. +++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++ APA-FOTO: MAHMOUD-ASHRAF MAHMOUD/BMEIA
Im Tunesischen Sousse wurde vor nicht einmal zwei Wochen gezielt auf Touristen geschossen. Jetzt fragen sich viele, warum es für Tunesien keine generelle Reisewarnung gibt. Die Antwort ist gleichsam verständlich wie beunruhigend: "Ein Einzeltäter kann immer und überall zuschlagen, das kann in Wien auch passieren. Überhaupt wurde 2014 weltweit die Terrorwarnstufe nach oben gesetzt, denn es besteht überall erhöhte Gefahr terroristischer Anschläge und Entführungen", sagt Weiss.

Reisewarnungen

Ankündigungen von Terrorgruppen, wie dem Islamischen Staat (IS), über bevorstehende Anschläge, kommen beinahe täglich über soziale Netzwerke. Doch je mehr die Terroristen twittern, desto öfter lesen die Geheimdienste mit. "Wir sind laufend im Kontakt mit internatonalen Kollegen, um die Sicherheitslage einzuschätzen. Dem gleichen wir unsere Warnstufen an. Es ist in den vergangenen Jahren auch schon vorgekommen, dass wir aufgrund von Ankündigungen, allen registrierten Österreichern die sich in einem Land aufgehalten haben, per SMS zur Ausreise oder zur Vorsicht geraten haben", erklärt Weiss.

Jüngstes Beispiel einer solchen Vorsichtsmaßnahme, ist Thailand. Der dortige Botschafter, Enno Drofenik, warnte am 1. Dezember 2014 per SMS vor den gewalttätigen Ausschreitungen in Bangkok.

Die höchst mögliche Reisewarnstufe sechs ist derzeit unter anderem für Syrien, Irak, Libyen und Afghanistan ausgesprochen. Ist die Lage in einem Land nur in bestimmten Gebieten gefährlich, wird Reisewarnstufe Fünf ausgesprochen, wie etwa gerade für Tunesien.

Wer denkt, dass hierzulande gerade keine Reisen in muslimische Länder gebucht werden, der irrt, weiß Jörg Redl von Raiffeisen Reisen: "Es gibt in den kommenden Wochen beispielsweise zwölf geführte Reisegruppen in den Iran, und das Interesse steigt weiter." Der Experte erklärt diesen Umstand damit, dass das Land zwar unter einer umstrittenen, aber strengen Führung steht und es nach dem arabischen Frühling kaum negative Schlagzeilen aus dem Iran gab.

Heftiger wirkte sich der politische Umbruch in Tunesien aus: einem Land in einer politisch schwierigen Phase, dessen wichtiger Wirtschaftsfaktor Tourismus durch den Anschlag hart getroffen wurde.

Billig-Angebote

Urlauber haben Angst vor Terror und "Grexit"
Jörg Redl, Raiffeisen Reisen
Makaber ist, dass Schnäppchenjäger gerade jetzt auf ihre Rechnung kommen könnten: "Die tunesischen Hotels werden versuchen, die Touristen über gute Preise wieder ins Land zu locken. Diese Methode hat vor einigen Jahren auch in Ägypten gut funktioniert", meint Redl. Die Österreicher sind laut dem Fachmann generell sehr reisefreudig und lassen sich nicht schnell abschrecken – nicht von Terror und schon gar nicht von leeren Bankomaten.

Der KURIER hat mit mehreren Reiseanbietern telefoniert: Bislang sind die Buchungszahlen nach Griechenland nicht prägnant zurückgegangen. Anders als nach dem Anschlag in Tunesien – ein Großteil der für diese Tage gebuchten Urlaube wurde laut TUI Österreich storniert – wollen die Urlauber nicht darauf verzichten, unter Olivenbäumen zu liegen.

"Wir sind im ständigen Kontakt mit den Reiseleitern vor Ort. Auf den Inseln gibt es an allen Bankomaten Geld, und Athen ist nicht die typische Urlaubsdestination der Österreicher", erklärt TUI-Sprecherin Kathrin Limpel. Außerdem haben sich die Hotels auf eine bevorstehende Krise vorbereiten können. "So lange Touristen kommen, geht den Hotels auch nicht das Geld aus", sagt Limpel.

Links:
www.reiseregistrierung.at
www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reisewarnungen

Vor etwas mehr als eine Woche musste Petra Kronberger den blutigen Terroranschlag auf Touristen hautnah miterleben. Die Niederösterreicherin flog tags darauf zurück aus Sousse in die Heimat. Die Bilder des Terrors sind noch in ihrem Kopf. Einen weiteren Urlaub in Tunesien will sie sich vom Terror aber nicht vermiesen lassen.

KURIER: Wie verarbeiten Sie das Erlebte?

Petra Kronberger: Solange ich in der Arbeit bin, versuche ich einfach nicht daran zu denken. Aber abends kommen die Bilder zurück. Ich war mit Freunden in Sousse, mit denen ich jetzt viel darüber spreche. Wir waren auch in einer Kapelle, haben Kerzen für die Opfer angezündet und miteinander getrauert.

Wie genau haben Sie den Anschlag erlebt?

Wir waren in einem der drei Hotels, die sich den Strand teilen. Der Angreifer kam von der linken Seite und hat begonnen um sich zu schießen. Ich muss immer daran denken, was passiert wäre, wenn der Terrorist bei unserem Hotel begonnen hätte zu schießen. Es ist schwierig, dieses Szenario aus dem Kopf zu bekommen.

Waren Ihre Angehörigen in Österreich sehr besorgt, als sie von dem Anschlag erfahren haben?

Nachdem alle ins Hotel gestürmt sind, war mein erster Griff zu meinem Handy. Ich bin eine Mama und mein Kind ist zu Hause geblieben. Es war mir in dem Moment trotz Chaos und Angst unglaublich wichtig, anzurufen und zu sagen, dass wir in Sicherheit sind.

Haben Sie vor, Geld vom Reiseveranstalter zurückzufordern?

Nein, das werde ich nicht tun. Wir hatten unseren Rückflug ohnehin für den nächsten Tag gebucht. Außerdem sind nur die Terroristen dafür verantwortlich, was passiert ist. Ich habe kein schlechtes Bild von den Einheimischen, ganz im Gegenteil sogar. Alle waren sehr hilfsbereit und einfühlsam.

Heißt das, Sie würden wieder einen Urlaub in Tunesien verbringen?

Ich kann mir vorstellen, wieder hinzufahren. Die Woche, die ich davor in dem Land verbracht habe, war toll. Ich bin begeistert von den Menschen, es war einfach ein angenehmer Urlaub. Die Tunesier sind wirklich nett. Man hat zwar im Vorfeld schon gewusst, dass das Land viele politische Probleme hat, als Urlauberin habe ich das aber gar nicht bemerkt. Niemand konnte ahnen, dass so etwas Schreckliches passieren wird; und wenn man zu viel darüber nachdenkt, kann man gar nicht mehr außer Haus gehen. Die Situation ist ja fast überall angespannt. Ich möchte mich vom Terror jedenfalls nicht einschüchtern lassen.

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