"Umweltminister ist einziger Faktor"

Für Gerhard Heilingbrunner hängt es an Minister Rupprechter, wie es mit den Gewässern im Oberland – etwa der Ötztaler Ache – weitergeht.
Präsident des Umweltdachverbands nimmt im Streit um Wasserkraft Landesregierung aus der Schusslinie.

Rund 50 Stellungnahmen sind, wie berichtet, bis Montag beim Umweltministerium zu einem wasserwirtschaftlichen Rahmenplan eingelangt. Der Tiroler Landesenergieversorger Tiwag hatte ihn eingereicht. Sechs Kraftwerksprojekte sind darin enthalten (siehe Artikel unten). Der Großteil der dazu abgegebenen Stellungnahmen ist negativ ausgefallen. Das gilt auch für jene des Umweltdachverbands. Für dessen Präsident Gerhard Heilingbrunner ist der Rahmenplan "veraltet". So wäre ein Kraftwerk etwa bereits in Bau, einem weiteren habe die Tiroler Landesregierung eine Absage erteilt.

Schwarz-Grün war zuletzt massiv unter den Beschuss von Umweltschutzorganisationen geraten, weil die Koalition den Rahmenplan unterstützt hat. WWF, Global 2000, Greenpeace und Ökobüro haben sogar den Rücktritt von Umweltlandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) gefordert. Heilingbrunner will in diesen Chor allerdings nicht einstimmen."Der einzige Faktor ist in diesem Zusammenhang der Umweltminister. Man muss hier mal die Kirche im Dorf lassen. Hier ist nicht Landeshauptmann Günther Platter gefordert und auch nicht seine Stellvertreterin Felipe, sondern hier geht es darum festzustellen, welches Interesse ist überwiegend."

Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) habe nämlich als oberste Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, ob die Kraftwerksprojekte der Tiwag im "öffentlichen Interesse" liegen. "Das ist die Kompetenz des Umweltministers und die darf ihm niemand abnehmen", sagt Heilingbrunner.

Richtungsentscheidung

Falls Rupprechter diesen Status verordnet, würde das laut dem Umweltjuristen zwar kein UVP-Verfahren ersetzen: "Aber es ist eine wichtige Vorentscheidung, in welche Richtung es in einem Tal geht." Entweder werde das öffentliche Interesse am Schutz der Natur bevorrangt oder die energetische Nutzung eines bestimmten Baches oder Flusses.

Ein Sonderfall stellt das Kraftwerk Kaunertal dar. Den von der Tiwag geplanten Ausbau hat die EU 2013 zu einem bevorrangten Infrastrukturprojekt erklärt. "Das ist jetzt nationales Recht", erklärt Heilingbrunner. "Nun liegt es ausschließlich bei Rupprechter zu sagen, wie schaut es mit dem öffentlichen Interesse im Bereich Kaunertalkraftwerk aus."

Dass zuletzt auch Ikonen der Hainburg-Bewegung wie Freda Meissner-Blau die Tiroler Grünen zur Räson gerufen haben, sieht der seinerzeitige Mitorganisator der Au-Besetzung kritisch: "Man sollte mit dem Zitieren von Hainburg 30 Jahre nach der Au-Besetzung ein wenig vorsichtig sein, auch wenn man irgendwo in Österreich ein Problem hat."

Im Tiroler Oberland fließt viel Wasser talwärts. Die Tiwag hat in dieser Region also nicht von ungefähr große Ausbaupläne. Die würde sich der Landesenergieversorger gerne mit dem Stempel "öffentliches Interesse" vom Umweltminister versehen lassen. Der entsprechende wasserwirtschaftliche Rahmenplan umfasst sechs Projekte. Eines hat die Landesregierung in die Schublade verräumen lassen. In die übrigen Vorhaben möchte die Tiwag in den kommenden 20 Jahren insgesamt 3 Milliarden Euro investieren.

1,3 Milliarden sind dabei alleine für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal reserviert. Es ist das Vorhaben, das den größten Protest von Umweltschützern hervorruft. Die Tiwag möchte dafür Wasser aus dem Ötztal ableiten. Hinten im Tal rebellieren auch die Bauern dagegen, die sich ihr Wasser nicht abgraben lassen wollen. Am Talausgang sehen Raftingunternehmer ein Wildwasser-Paradies bedroht, das ihre Existenzgrundlage bildet. Und im Kaunertal selbst rufen die Ausbaupläne Angst vor Staub- und Lärmbelastung durch eine jahrelange Großbaustelle hervor.

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