Polizei "an der Grenze der Belastung"

Mehr Personal gefordert
Flüchtlingswelle sorgte für eine deutlich erhöhte Arbeitsbelastung.

Ausgebrannt aber erfolgreich. Das ist in etwa das Lagebild der österreichischen Polizei, das den designierten Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei seinem Amtsantritt in der Herrengasse erwartet. Denn das vergangene Jahr war, vor allem wegen der permanenten Flüchtlingsbewegungen, eine "enorme Belastung für die Polizei", meint Hermann Greylinger (FSG), Vorsitzender der Polizeigewerkschaft.

70.000 Überstunden mehr

Rund 70.000 Überstunden mehr als in den Jahren zuvor mussten die Beamten leisten, insgesamt ist das eine neue Rekordzahl. Es gibt kaum eine Dienststelle, in der die Zahl der zusätzlichen Stunden kleiner wurde. Etwa drei Arbeitsstunden mehr pro Monat musste der durchschnittliche Beamte zu seinen schon bisher üblichen 26 Überstunden leisten. Die Details dazu teilt die scheidende Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einer Antwort auf die parlamentarische Anfrage von FPÖ-Bundesrat Werner Herbert mit.

Wobei vor allem der Einsatz an den Grenzen für viele Beamte psychisch und physisch belastend war: "Das hat uns an unsere Grenzen gebracht", meint Greylinger. Keiner habe sich mehr an die vorgegebenen Überstunden-Kontingente gehalten. So musste eine Gruppe Tiroler Polizisten an die burgenländische Grenze – als sie zurück kamen, waren alle Jahresüberstunden aufgebraucht. "Deshalb gab es oft nur mehr Regeldienst, darunter litten die Kontrollen von Alkohol am Steuer oder des Lkw-Verkehrs", sagt der oberste Gewerkschafter. Besonders in Wien sei die Lage angespannt: "Hier kann man ohne Überstunden nicht einmal mehr den Normaldienst besetzen. Das ist sicher der falsche Weg".

Mehr Streifen in Wien

Seitens der Landespolizeidirektion Wien wird das bestritten: "Der Regeldienst ist ohne Überstunden möglich. Derzeit gibt es aber viele Sonderstreifen wegen Drogen, Verkehr oder Fremden-Kontrollen. Diese müssen mit zusätzlichen Stunden bestückt werden", erklärt Polizeisprecher Roman Hahslinger.

Auffallend ist, dass vor allem jene Bezirke enorme Zunahmen bei den Belastungen haben, in denen es viele Flüchtlinge gab – im steirischen Bezirk Leibnitz (Spielfeld) stieg die Belastung gleich um acht Stunden pro Polizist und Monat an, im burgenländischen Neusiedl am See (Nickelsdorf) um vier

In Wien waren die Bezirke Favoriten, Simmering und Liesing am stärksten betroffen. Die Polizei führt das auf Flüchtlings-Einsätze beim Hauptbahnhof (Favoriten), Schlepper-Kontrollen auf der A4 (Simmering) und Prostitution (Liesing) zurück.

"Sondersituation"

"Im vorigen Jahr gab es eine Sondersituation", sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Das sei "keine dauerhafte Lösung", deshalb gab es "verstärkte Personalaufnahmen". Die Lage im Vorjahr "brauchte Flexibilität in der Polizeiarbeit" und diese sei auch gezeigt worden: "Der Erfolg zeigt sich auch in der gelungenen Kriminalitätsbilanz". Es sei erfreulich, dass trotz der "hohen Belastung in den Kernbereichen sinkende Zahlen" erreicht wurden.

Die Gewerkschaft fordert eine weitere Verstärkung des Personals. Zieht man die mehr geleisteten Überstunden und die entgangenen Einnahmen bei den Verkehrsstrafen heran, dann hat die Flüchtlingskrise wohl einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag gekostet. Allerdings stehen für die Kosten von Überstunden und Journaldiensten der Polizei ohnehin 250 Millionen Euro pro Jahr bereit – dagegen sind die zusätzlichen Kosten eher ein Bagatellbetrag.

Polizei "an der Grenze der Belastung"

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