Tabustrecke behindert Kraftwerk

Die Tiwag möchte der Gurgler Ache Wasser entnehmen. Ein dafür notwendiger Teil des Bachs ist Tabu
Peinlicher Fehler: Regierungsbeschluss spießt sich mit Ausbauplänen des Landesenergieversorgers Tiwag.

Im Juni hat die Tiroler Landesregierung ein Maßnahmenpaket beschlossen, das für Aufsehen gesorgt hat. Darin enthalten ist ein klassischer Polit-Kompromiss: Die Grünen dürfen im Herbst Tempo 100 auf der Autobahn einführen. Dafür mussten sie den wasserwirtschaftlichen Rahmenplan für das Tiroler Oberland unterstützen, der mehrere Kraftwerksprojekte der Tiwag enthält. Zusätzlich hat sich Schwarz-Grün noch auf Gewässerabschnitte geeinigt, die vom Ausbau der Wasserkraft unberührt bleiben sollen.

Zu große Schutzzone

Genau diese Gewässerliste beinhaltet allerdings einen entscheidenden Fehler. Darauf weist der Energieversorger Tiwag in einer Stellungnahme zu seinem eigenen Rahmenplan hin, den das Unternehmen beim Umweltministerium eingereicht hat: Die Gurgler Ache und ein weiterer Bach seien "offenkundig versehentlich mit einer unzutreffenden Kilometrierung abgegrenzt", heißt es in dem Schreiben. Die von der Regierung beschlossene Tabustrecke innerhalb der Gurgler Ache ist demnach so lang, dass sie sich mit Plänen der Tiwag kreuzt, die dem Bach Wasser entnehmen will. Die Schutzzone reiche in einen von der Regierung "grundsätzlich befürworteten" Kraftwerksbereich. Das Ministerium wird gebeten, den Fehler im laufenden Prüfverfahren zu berichtigen.

Wie berichtet, muss Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) entscheiden, ob der Bau der Tiwag-Kraftwerke im "öffentlichen Interesse" liegt. Rund 50 Stellungnahmen sind zu dem Rahmenplan eingelangt, der Großteil davon negativ. Die Kritik – insbesondere von Umweltschutzorganisationen – richtet sich vor allem gegen den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal.

Am umstrittensten ist dabei die geplante Ableitung von Wasser aus dem Ötztal. Das soll neben der Venter eben auch aus der Gurgler Ache entnommen werden. Doch der Bach ist jetzt per Regierungsbeschluss in einem Teil der Fließstrecke, den die Tiwag nutzen möchte, Tabu.

Dass die Grünen einer Korrektur der entsprechenden Liste zustimmen, darf bezweifelt werden. Sie haben in der Vergangenheit stets als Kritiker des Kaunertal-Projekts gegolten. Für das Mittragen des Rahmenplans hat die Öko-Partei massive Prügel von Umweltschutzorganisationen bezogen. Rupprechter ist indes mit einem von ÖVP und Grünen unterstützten Rahmenplan konfrontiert, der sich mit einem Regierungsbeschluss der selben Parteien spießt. Eine mehr als kuriose Situation, die für weitere Debatten sorgen wird.

Flussgipfel gefordert

Die Umweltverbände Greenpeace, Global 2000, WWF und Ökobüro sind am Donnerstag in ihrem Kampf gegen die geplanten Kraftwerke dazu übergegangen, den Umweltminister in die Pflicht zu nehmen. Er habe sich "im April im Umweltausschuss des Parlaments für einen Runden Tisch ausgesprochen, bei dem gemeinsame Lösungen erarbeitet werden sollen. Diesen Flussgipfel fordern wir nun ein", so Beate Striebel vom WWF in einer Aussendung.

Die Allianz der Umweltverbände appelliert darüber hinaus an den Minister, den Wasserwirtschaftsplan keinesfalls anzuerkennen, sondern an die Tiwag zurückzuschicken, heißt es weiter in der Erklärung.

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