Terrorverdacht gegen Rückkehrer

Die Zahl radikalisierter Österreicher steigt / Verfassungsschutz ortet neue Gefahr.

Innerhalb von drei Monaten hat sich nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes die Zahl jener Österreicher, die in Syrien kämpfen, auf 50 erhöht und damit fast verdreifacht. Das sind radikalisierte Islamisten, die nach ihrer Rückkehr vom Verfassungsschutz (BVT) als höchstrangiges Risiko eingestuft werden. Die ersten Rückkehrer sind schon da.

Quer durch Europa werben Salafisten unter Konvertiten und muslimischen Migranten der zweiten und dritten Generation für einen Syrien-Einsatz. Bei einer Veranstaltung in Dortmund wurde für den „Endkampf gegen die Christen“ in Syrien mobilisiert. Die meisten Freiwilligen landen nicht bei der klassischen syrischen Opposition, sondern bei den Mordbrigaden der El Kaida. Etwa 1000 junge Extremisten aus Europa wurden bisher in Syrien vermutet – darunter 60 Deutsche und 18 Österreicher.

Verdreifacht

Innerhalb von nur drei Monaten ist die Zahl der Österreicher auf 50 gestiegen. Weitere zehn sollen bei ihren Einsätzen inzwischen ums Leben gekommen sein. Eine Zahl, die aber nicht bestätigt werden kann. Denn aufgrund des islamischen Ritus werden die Toten rasch begraben, und die Sicherheitsbehörden sind auf Zeugenaussagen und Fotos angewiesen.

Bei den Österreichern soll es sich großteils nicht um Alteingesessene handeln, sondern um Personen, die in Österreich aufhältig sind. Die meisten sind Tschetschenen, die hier einen Asylstatus genießen.

Die Gründe für den steigenden Syrien-Trend, so ein BVT-Beamter, seien mehrschichtig. Zum einen vernetze sich die europäische Salafisten-Gemeinde immer besser. Und es sei leichter, unerkannt via Türkei nach Syrien zu gelangen. Wer aber in ein Terrorcamp nach Afghanistan will, laufe Gefahr, von den Geheimdiensten erkannt zu werden.

Profilierungssucht

Das Hauptmotiv für einen Syrien-Einsatz liegt für den Verfassungsschutz auf der Hand: Profilierungssucht. Damit würde das Ansehen des „Kämpfers“ innerhalb des islamistisch-extremistischen Spektrums steigen und die gewünschte Autorität erlangt werden. Ein aktuelles Beispiel ist der Möchtegern-Terrorist Mohamed Mahmoud aus Wien, der beim Versuch, nach Syrien einzureisen, von den Türken festgenommen wurde. Er befindet sich zurzeit in einem türkischen Anhaltezentrum. Sein Kampf- und Weggefährte, der deutsche Gangsta Rapper Deso-Dogg, prahlt im Internet mit einem angeblichen Syrien-Einsatz.

Nach ihrer Rückkehr stellen diese Menschen laut einem Verfassungsschutzbericht ein „schwer kalkulierbares Risiko“ dar. Zum einen bestehe die Gefahr, dass sie ihr erworbenes Wissen zur Durchführung eines Anschlags im Inland nutzen, etwa nach dem Beispiel des Franzosen Mohamed Merah oder der sogenannten „Sauerland-Gruppe“ in Deutschland. Gleichzeitig besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Rückkehrer logistische Unterstützungsleistungen übernehmen und weitere Extremisten rekrutieren.

Der Verfassungsschutz hat derzeit neun Syrien-Rückkehrer im Visier, die es nun ständig zu überwachen gilt.

Terrorverdacht gegen Rückkehrer

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sieht sich mit Terrorgefahr und Flüchtlingselend konfrontiert.

KURIER: Wie gefährlich schätzen Sie heimkehrende Syrien-Kämpfer ein?
Mikl-Leitner:
Das sind tickende Zeitbomben, wie einsame Wölfe.

Wie gehen die Behörden mit dieser Bedrohung um?
Wir haben zur richtigen Zeit das Antiterrorpaket geschnürt. Das hilft uns jetzt, die Bevölkerung zu schützen, weil wir damit nun gegen radikalisierte Einzelpersonen vorgehen können. Ohne das Antiterrorpaket hätten die Behörden gegenüber diesen Extremisten keine Handhabe gehabt.

Warum wollen Sie bevorzugt flüchtende Christen aus Syrien aufnehmen?
Niemand wird wegen seiner Religionszugehörigkeit bevorzugt. Wir bieten jenen Schutz, die besonders schutzbedürftig sind. Das sind grundsätzlich Frauen und Kinder und verfolgte religiöse Minderheiten – und im Falle Syriens sind das nun mal vor allem Christen. Dass sich in Österreich derzeit vor allem die SPÖ und die Grünen damit hervortun, die besondere Gefährdung von Christen in Syrien kleinzureden, halte ich nur noch für unfassbar.

Ist die Aufnahme von 500 Flüchtlingen ausreichend?
Deutschland nimmt 5000 syrische Flüchtlinge auf. Angesichts des Bevölkerungsschlüssels sind wir mit 500 auf gleicher Augenhöhe mit Deutschland. Jetzt geht’s nicht um größtmögliche Zahl, sondern um Tempo.

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