Terrorbekämpfung in Österreich: Einstellen auf den neuen Feind

Terrorbekämpfung in Österreich: Einstellen auf den neuen Feind
Die Antiterror-Einheit Cobra bereitet sich auf das neue Bedrohungsbild "Suicide Bomber" vor.

Der Terror ist in Europa angekommen. Bürger in Paris oder Belgien leben seit vierzehn Tagen in Angst. Und auch wenn der Staatsschutz laut dem Direktor der Spezialeinheiten, Bernhard Treibenreif, keinen konkreten Hinweis auf einen bevorstehenden Terroranschlag in Österreich hat, muss die Cobra die neuesten Erkenntnisse aus Paris in ihre aktuelle Planung einbeziehen.

Das Sondereinsatzkommando, seit Jahren eine der besten Antiterror-Einheiten der Welt, hat sich bereits auf die von Dschihadisten ausgehenden Bedrohungsszenarien eingestellt. Bereits wenige Stunden nach den Sprengstoffanschlägen von Frankreich lief der erste Informationsaustausch zwischen der französischen Antiterror-Einheit "GIGN" und der Einsatzzentrale der Cobra in Wiener Neustadt (NÖ). "Wir sind bestens vernetzt, man kennt sich untereinander. Es gab sofort wichtige Informationen, wie die Täter in Paris vorgegangen sind", erklärt Christoph Scherz, der für die Ausbildung bei der Cobra zuständig ist. Was man zu hören bekam, gibt Anlass zur Sorge. Die Selbstmord-Attentäter und ihre Komplizen verfügten über hochmoderne Schutzausrüstung, durchschlagkräftige Waffen und vor allem gewiefte Sprengfallen.

"Wir haben es immer wieder mit neuen Erscheinungen von Gewalt und Terror zu tun."

Terrorbekämpfung in Österreich: Einstellen auf den neuen Feind
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Laut dem Einsatzchef der Cobra, Brigadier Erwin Strametz, gibt es schon länger Konzepte, wie man mit so einer Bedrohung umgeht – allerdings eher auf dem Papier. "Suicide Bomber" kannte man bisher nur von Attentaten im Nahen Osten, aber sicher nicht als latente Bedrohung im Herzen Europas.

"Wir haben es immer wieder mit neuen Erscheinungen von Gewalt und Terror zu tun. Alle paar Jahre ändert sich für uns das Bedrohungsbild und wir reagieren darauf", schildert Strametz. Eine eigene Analysestelle bei der Cobra untersucht alle international relevanten Vorfälle. Derzeit sind die Anschläge von Paris am Radar der Taktiker. Im Kampf gegen die neuen Aggressoren kommt der Spezialeinheit die 2013 gefasste Strukturreform zu Gute. Durch die Zusammenlegung von Cobra, Entschärfungsdienst und der Observationseinheit in die Direktion für Spezialeinheiten, wurden die drei wesentlichsten Bereiche für den Antiterror-Kampf zusammengefasst. "Der Informationsfluss zwischen den Einheiten ist wesentlich besser. Wie man in Paris gesehen hat, müssen die Observation und der Entschärfungsdienst Hand in Hand arbeiten, damit man Terrorverdächtige ausschalten kann", erklären Strametz und Scherz.

Rüstungsschub

Als goldrichtig erwies sich kürzlich die Entscheidung, den Cobra-Beamten in ihrer sechsmonatigen Grundausbildung auch Basiswissen über Sprengmittel und Sprengfallen zu lehren.

Deutlich aufgerüstet wird bei der Spezialeinheit auch in Sachen Ausrüstung. Von dem 300-Millionen-Euro teuren Beschaffungspaket für die Polizei bekommt die Cobra ein schönes Stück vom Kuchen ab. Neue Schutzwesten sind bereits bestellt. Trotz geringerem Gewicht bieten sie mehr Schutz als bisher.

Terrorbekämpfung in Österreich: Einstellen auf den neuen Feind
20.09.2013, Cobra, Wiener Neustadt, Walter Weninger,AUT, Chronik, Cobra Interview, Sascha Trimmel © 2011, PhotoCredit S. Trimmel

Da die Attentäter von Paris ebenfalls über moderne Schutzausrüstung verfügten, will die Cobra bei großkalibrigen Waffen und Zielvorrichtungen für weite Entfernungen aufrüsten. Dass die Spezialeinheit im Ernstfall auf gepanzerte Fahrzeugen des Bundesheeres zurückgreift, ist in Zukunft auch vom Tisch. Die Antiterror-Einheit bekommt eigene.

Das Einsatzkommando Cobra verfügt in Österreich über acht Standorte im gesamten Bundesgebiet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Spezialeinsatzkräften in Europa setzt man bei der Cobra auf eine permanente Einsatzbereitschaft. Im Ernstfall können daher ohne lange Vorlaufzeit Beamte der Sondereinheit ausrücken.

Entsprechend den ständig wechselnden Bedrohungslagen wird die Ausbildung der Einsatzkräfte laufend angepasst. Ein Beispiel stellt die seit Kurzem verpflichtende Sanitätsausbildung für im Einsatz stehende Beamte dar. Anlass für die Neuerung war der Vierfach-Mord von Annaberg im September 2013. Damals war ein Cobra-Beamter das erste Opfer des Täters. Der angeschossene und lebensgefährlich verletzte Polizist konnte wegen der Gefahr vor weiteren Opfern nicht gleich medizinisch versorgt werden. Er starb später auf der Fahrt ins Krankenhaus.

Als Konsequenz daraus muss jeder Cobra-Beamte eine spezielle Sanitätsausbildung durchlaufen und im Einsatz ein Notfallpaket bei sich tragen. Der KURIER war diese Woche bei einer dieser Übungen dabei. „Es geht darum, dass die Männer im Notfall sich selbst und ihre Kameraden versorgen können. In gefährlichen Situationen kann man ja keinen Sanitäter oder Arzt hineinschicken“, erklärt der Ausbildungs-Verantwortliche der Cobra, Oberst Christoph Scherz.

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