Sterbehilfe-Verein: Gericht entscheidet über Zulassung

Die Gründer halten das Sterbehilfe-Verbot für verfassungswidrig. Die Politik klammere das Thema völlig aus.

Fälle mit einer derart gesellschaftspolitischen Relevanz landen eher selten auf dem Tisch von Marcus Osterauer. Der Richter am Wiener Verwaltungsgericht entscheidet im Grunde genommen nur über eine Vereinsgründung, die die Landespolizeidirektion untersagt hat. Der Vereinszweck macht die Causa aber brisant: Denn mit dem Verein "Letzte Hilfe" wollen die Gründer, die aus der Initiative "Religion ist Privatsache" stammen, Menschen beim "Suizid begleiten".

Die Krux dabei: "Mitwirkung am Selbstmord" (§ 78) steht in Österreich mit sechs Monaten bis zu fünf Jahren Haft unter Strafe. Im März untersagte die Exekutive mit Verweis darauf und gestützt auf eine Stellungnahme aus dem Justizministerium die Vereinseintragung.

Die Laizismus-Aktivisten Heinz Oberhummer und Eytan Reif legten Beschwerde dagegen ein – und kritisierten am Mittwoch in der Verhandlung die parlamentarische Enquete sowie die Bioethikkommission, weil beide das Thema "Suizid-Begleitung" ausklammern würden. Deshalb, sagte Reif, "ist ein Verein gerechtfertigter denn je."

Beratung für Freitod

Dem Richter ging es um Grundsätzliches, nämlich um die Vereinsziele. Laut Statut will der Verein "mündigen Mitgliedern, die an einer unheilbaren, schweren Krankheit leiden, schwer behindert sind bzw. mit einer schweren Behinderung zu rechnen haben oder unerträglichen Schmerzen ausgesetzt sind, auf ihren expliziten Wunsch beratend bezüglich eines Freitodes zur Seite" stehen.

Der Betroffene muss sich frei und "explizit" dafür entscheiden. Und die Voraussetzungen des Status müssen vorliegen. Doch das lässt viel Interpretationsspielraum zu.

Osterauer: "Was sind für Sie unheilbare Krankheiten? Sind das auch Krankheiten, die nicht tödlich, aber unheilbar sind?" Reif versucht, es auf einen Nenner zu bringen: "Es gibt eine Gemeinsamkeit: Es geht um eine schwere Einschränkung des Betroffenen."

Der Richter will trotzdem Punkt für Punkt konkretisieren. Offen blieb das nötige Mindestalter. Die Beratungsgespräche seien Reif zufolge offen: "Wir zeigen auch Alternativen zum Suizid auf." Man wolle den Betroffenen die gesamte Palette an Entscheidungen ermöglichen.

In ihrer Beschwerde erklären die Laizismus-Aktivisten den Paragrafen 78 als "nicht verfassungskonform". "Er ist nicht schlüssig und differenziert nicht", sagt Reif. Da schon der Freitod nicht unter Strafe stehe, könne man die Beihilfe zu einer – legalen Tat – nicht bestrafen.

Am Weg zum Verfassungsgerichtshof wird nichts vorbeiführen: Entweder, nachdem der Richter ihre Beschwerde abgewiesen hat. Oder Osterauer unterbricht das Verfahren und ruft die Verfassungshüter selbst an.

Das ausgeführte Konzept erinnert an jenes von Dignitas. Der Schweizer Verein hatte Ende 2013 160 österreichische Mitglieder. Das Prozedere ist standardisiert, ein Mitarbeiter hilft dem Betroffenen, das tödliche Mittel zu trinken. Reif sagt, letztlich müsse man "in die philosophische Begründung" vordringen. "Was heißt Würde? Das geht ohne Selbstbestimmung nicht." Osterauer kontert wohlwollend: "Ich will nicht so tief hinein. Letztlich stößt man an Wertungen, die nicht begründbar sind." Ihm sei es wichtig, dass seine Entscheidung "nachvollziehbar ist. Sie haben mir eine harte Nuss aufgegeben", sagt er.

Die Entscheidung erfolgt schriftlich.

Kommentare