Gelähmter Sträfling will von der Republik 170.000 Euro

Ermittlungen gegen Justizwache und Ärzte eingestellt. Juristin kämpft aber um Schmerzensgeld.

Nach zwei Jahre dauernden Ermittlungen steht fest: Das Fixieren und zu Boden drücken eines Häftlings mit der Folge einer Querschnittslähmung ist „strafrechlich kein relevantes Fehlverhalten“.

Die Staatsanwaltschaft Graz stellte das Verfahren wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung gegen sechs Justizwachebeamte ein. Ebenso jenes wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung gegen vier Mediziner: Die Ärzte sollen den Zustand des damals 61-jährigen Häftling in Graz nur von der Tür einer Zelle aus eingeschätzt haben. Auch ein Richtersenat bestätigte nach einem Fortführungsantrag des Opfers: Die Einstellung ist korrekt.

Zivilprozess

Auf einer anderen Gerichtsebene hat jedoch im selben Fall ein Prozess begonnen. Die Grazer Anwältin Karin Prutsch kämpft um insgesamt 170.000 Euro Schmerzensgeld für ihren heute 63-jährigen Mandanten. „Die Verletzung der Wirbelsäule ist da, das kann man nicht wegdiskutieren. Es ist in der Justizanstalt passiert“, begründet Prutsch, warum sie die Republik zivilrechtlich belangt. Der Prozess vor dem Grazer Zivilgericht wurde bereits eröffnet. Bei den nächsten Prozessterminen sind jene Justizwachebeamte und auch Ärzte als Zeugen geladen, gegen die das strafrechtliche Verfahren eingestellt wurde.

Gelähmter Sträfling will von der Republik 170.000 Euro
Rechtsanwältin Karin Prutsch

Passiert ist der Vorfall bereit vor mehr als zwei Jahren. Im November 2010 wehrte sich der als geistig abnormer Rechtsbrecher eingestufte Gefängnisinsasse gegen eine Spritze, die ihm eine Krankenschwester verabreichen sollte. Wachorgane wurden geholt, sie brachten den Mann „zu Boden“, hieß es später: Der 61-Jährige wurde „fixiert“, doch ein Beamter habe sich auf den Rücken des Mannes gekniet, sagt Putsch. Der Beamte schilderte selbst bei den späteren Einvernahmen, einen „Knackser“ gehört zu haben.

Erst zwei Tage danach wurde der Mann in ein Spital eingeliefert. Davor sei er verletzt in der Zelle gelegen, behauptet Prutsch. Der Gerichtsgutachter bleibt in dem Punkt jedoch vage: Der exakte Zeitpunkt des Bruchs könne nicht nachgewiesen werden.

Juristin Prutsch rechnet sich vor dem Zivilgericht dennoch Chancen aus, Recht zu bekommen. Das sei keine Diskrepanz: „Im Gegensatz zum Strafrecht sei kein Vorsatz einer Schädigung nötig. „Im Zivilprozess reicht es, zu sehen, ist eine Schädigung da, was war das schädigende Ereignis, gibt es einen Zusammenhang?“, erläutert sie. „Mein Mandant ist irreparabel gelähmt, der Schaden also unweigerlich da.“

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