Jeder dritte Österreicher radelt im Alltag

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Starke Zuwächse seit 2007. Die westlichen Länder liegen an der Spitze. Wien ist Schlusslicht.

Irgendwann war mir die U-Bahn einfach zu mühsam“, erzählt Johannes beim KURIER-Lokalaugenschein am Wiener Ring-Radweg. Seit letzten Sommer ist der 32-jährige Grafiker fast nur mehr mit dem Fahrrad unterwegs. „Man ist großteils auch schneller als mit den Öffis“, findet Vielradler Michael. Die 25-jährige Isa wünscht sich trotzdem mehr Radwege für die Stadt.

Jeder dritte Österreicher radelt im Alltag
Radler in Österreich
Bereits fast jeder dritte Österreicher über 15 tritt täglich oder mehrmals die Woche in die Pedale, um mit dem Rad in die Arbeit zu fahren oder alltägliche Wege und Besorgungen zu erledigen, heißt es beim Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Er beruft sich auf Daten der Statistik Austria. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 waren es demnach erst 24 Prozent (siehe Grafik). Überhaupt nie mit dem Fahrrad unterwegs sind laut Statistik nur mehr 33 Prozent.

Was auffällt: Radeln ist im Westen Österreichs deutlich beliebter als in den östlichen Bundesländern. In Vorarlberg liegt der Anteil der Alltagsradler bereits bei 48 Prozent während Wien trotz grüner Rad-Offensive mit 19 Prozent das Schlusslicht bildet.
Christian Gratzer vom VCÖ überrascht dieses starke Gefälle nicht: „In den westlichen Bundesländern wie Vorarlberg oder Salzburg wird schon seit rund 20 Jahren eine sehr aktive Radfahr-Politik betrieben.“ So gebe es in der Stadt Salzburg seit 1991 einen eigenen Radler-beauftragten. In Vorarlberg wiederum hätten betriebliche Initiativen dafür gesorgt, dass immer mehr Mitarbeiter für ihren Weg in die Firma aufs Rad umsteigen.

Das funktioniere aber nur, wenn auch die nötige Infrastruktur vorhanden ist: „Wenn in Vorarlberg eine Freiland-Straße saniert wird, wird auch gleich ein Radweg errichtet“, schildert Gratzer.
Geht es nach dem VCÖ, reicht das noch nicht: Er fordert gerade für Pendler Fahrrad-Highways, die das Umland von Städten mit dem Zentrum verbinden. Und innerhalb des Ortsgebiets brauche es mehr Tempo-30-Zonen und Fahrradstraßen.

Froschperspektive

Beim ÖAMTC kann man solchen Vorschlägen nur bedingt etwas abgewinnen. „Für Wien etwa müsste man Fahrrad-Highways bauen, die zehn bis 15 Kilometer lang sind. „Da stellt sich die Frage, welcher Pendler solche Strecken mit dem Rad zurücklegen will“, sagt Experte Bernhard Wiesinger.

Flächendeckende 30er-Zonen sieht er ebenfalls skeptisch: „Man muss bei den Hauptverkehrsrouten sicherstellen, dass man mit 50 km/h vorankommt. Aber wenn man die Welt nur aus der Sicht eines Verkehrsteilnehmers betrachtet, gerät man eben sehr leicht in eine Froschperspektive.“

Der VCÖ erhebt in einer Umfrage die Zufriedenheit der Radfahrer mit den aktuellen Bedingungen.

E-Bikes als Sicherheitsriskio? Wenn man den jüngsten Untersuchungen Glauben schnekt, dann ja. Konsumentenschützer haben Elektro-Fahrräder unter die Lupe genommen und haben dabei große Sicherheitsmängel und einen negativen Rekord aufgestellt: "Noch nie gab es so viele 'nicht zufriedenstellende' Testurteile wie in dieser Prüfung von 15 E-Bikes", berichtet der Konsument in seiner Juni-Ausgabe. Mehr als die Hälfte der Freizeitsportgeräte ist wegen technischer Unzulänglichkeiten, Sicherheitsmängeln und Materialfehlern "durchgerasselt".

Dabei wurden im Rahmen der mit dem deutschen ADAC und der Stiftung Warentest sowie dem ÖAMTC durchgeführten Prüfung von Fahrrädern mit Elektro-Zusatzantrieb (Pedelecs) keines Billigprodukte untersucht. Die getesteten Modelle gehören überwiegend der Komfortklasse mit Preisen von 2200 bis 2700 Euro an.

Schlechte Bremsen

Zu den zahlreichen negativen Bewertungen führten Sicherheitsmängel, wie sie nach 20.000 Kilometern auf dem Prüfstand und weiteren 300 bis 400 Kilometern auf der Straße auftraten: Da brach ein Hinterrad oder die Radhalterung, in zwei Fällen kam es zum Lenkerbruch, mehrfach wurden die Bremsen als mangelhaft eingestuft.

"Wenn bei 25 km/h der Lenker bricht, kommt der Aufprall auf die Fahrbahn oder ein anderes festes Hindernis einem Köpfler vom Trampolin in ein 2,5 Meter tiefes Schwimmbecken gleich" - ohne Wasser drin, warnten die Konsumentenschützer. Im Gegensatz zu einem normalen Fahrrad schaffen mit dem Pedelec auch ungeübte, unsichere Fahrer solche Geschwindigkeiten im Nu.

Guter Fahrkomfort

In der Praxistauglichkeit schnitten die E-Bikes hingegen ganz gut ab. Gelobt wurden große Reichweiten, guter Fahrkomfort und hoher Spaßfaktor. Mit den meisten Modellen lässt es sich auch ohne elektrische Unterstützung zumindest "durchschnittlich" gut radeln.

Erhebliche Unterschiede gibt es hingegen bei den Akkus. Leicht, lange Reichweite und kurze Ladedauer - alles auf einmal geht nicht, der Kunde müsse sich entscheiden. Die Reichweite liegt zwischen 40 und 80 Kilometern. Die Ladedauer beträgt zweieinhalb Stunden bis zu rund einem halben Tag. Die Preise für Zweit- oder Ersatzakku bewegen sich zwischen 300 und 700 Euro. Das Gewicht schwankt zwischen zweieinhalb und rund vier Kilo, jenes der Ladegeräte reicht von wenig mehr als einem halben bis zu rund eineinhalb Kilo.

Nach Schätzung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) wurden 2012 in Österreich 45.000 Elektro-Fahrräder verkauft, das entspricht jedem zehnten Rad. Dabei unterscheidet man Pedelecs, die den Motor nur zuschalten, wenn man gleichzeitig in die Pedale tritt, von E-Bikes, die mit oder ohne Pedalunterstützung angetrieben werden. Insgesamt dürften mehr als 100.000 elektro-unterstützte Räder unterwegs sein.

Der ÖAMTC bezeichnet die Ergebnisse des E-Bike-Tests als "großteils katastrophal" und fordert daher von den Herstellern Verbesserungen. Rahmen, Lenker und Bremsanlagen müssen bei Pedelecs für die dank Tretkraftunterstützung höheren Anforderungen ausgelegt sein, fordert der Club.

Außerdem sollten die Grenzwerte bei den elektromagnetischen Störwellen, die der Antrieb abgibt, eingehalten werden. Zwei Modelle (Raleigh und Fischer) würden so starke Störungen aussenden, dass sie Funkfrequenzen von Feuerwehr, Polizei und Rettung beeinflussen können.

Zu wenig Reichweite

Auch bei Reichweite, Ladedauer und Gewicht der Akkus gibt es laut ÖAMTC großes Verbesserungspotenzial: "Eine Reichweite von 50 Kilometern sollte das Minimum sein, die Ladedauer sollte maximal bei 3,5 Stunden liegen."

Ein Sicherheitsrisiko sei ein Nachlaufen des Motors. Hört der Lenker auf zu treten, sollte der Antrieb sofort unterbrochen werden. Und für eine einfachere Handhabung müsse das Gewicht der Räder allgemein reduziert werden.

Die schlechten Werte überraschen: 2011, als der ÖAMTC zuletzt Pedelecs getestet hatte, waren die Ergebnisse großteils zufriedenstellend, es gab nur ein "Nicht genügend". Ein "Sehr gut" wurde schon damals nicht vergeben.

Nur zwei Lichtblicke

Als "Lichtblicke" bezeichnete der Club die beiden als "gut" eingestuften Modelle. Das sportliche Stevens E-Courier SX überzeugte mit guten Laufeigenschaften und sehr kurzer Ladedauer. Die Schaltung hat sich als verbesserungswürdig erwiesen, bei Motorunterstützung sei Schalten kaum möglich, kritisierte Kerbl. Das Kettler OBRA RT 13,2 sei ebenfalls ein sehr ausgewogenes Rad, das sich durch die Lenkerposition und den komfortablen Sattel eher zum gemächlichen Fahren eignet.

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