SS-Totenköpfe: Zwei Schuldsprüche im NS-Prozess gegen Rocker

Die angeklagten Rocker hatten SS-Totenköpfe auf ihren Kutten angesteckt
Acht Mitglieder eines Tiroler Motorrad-Clubs waren wegen Wiederbetätigung angeklagt, zwei gingen frei aus.

Es war vor allem das Tragens eines Totenkopfs auf den Rocker-Kutten, das einem Motorradclub in Kematen (Bezirk Innsbruck-Land) die Ermittler ins Haus brachte. Der Anstecker glich nämlich auffallend dem Totenkopf der SS. Anklägerin Veronika Breithuber stellte am Dienstagabend in ihrem Schlussvortrag im Landesgericht noch einmal klar, dass sich nur jene acht Mitglieder des Rocker-Vereins auf der Anklagebank befinden würden, die auch noch durch weiteres Material belastet wurden.

Am Mittwochnachmittag warteten schließlich acht Männer auf das Urteil des Gerichts. Die von der Anklage angerührte braune Suppe war den Geschworenen bei sechs der Rocker offenbar zu dünn. So wurde etwa auch der Obmann des Clubs freigesprochen, der erklären musste, warum im Vereinslokal eine Hitler-Büste gefunden wurde (ein laut Aussage nicht schnell genug entsorgtes Geschenk bei einer Party) oder warum er auf einem Foto mit einer Maske des NS-Diktators zu sehen ist (ein blöder Faschingsscherz).

Was die SS-Totenköpfe betraf, folgten die Geschworenen in keinem Fall der Staatsanwältin, die gemeint hatte: Wer eine Symbol trage, das dem Nationalsozialismus zuzuordnen ist, "weckt unweigerlich Assoziationen zum Nationalsozialismus". Markus Abwerzger, einer von vier Verteidigern, fragte die Geschworenen hingegen, ob sie den Totenkopf als derartiges Symbol erkannt hätten.

18 Monate bedingt

Zu jeweils 18 Monaten bedingter Haft wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz (sämtliche Urteile nicht rechtskräftig) wurden letztlich nur zwei der Rocker verdonnert, die den Hitler-Gruß ausgeführt hatten. Einer der Männer - der einzige im Prozess geständige - besaß zudem NS-Devotionalien, wie etwa Schnapsflaschen mit Hilter-Etiketten. Außerdem konnte ihm das Tragens eines T-Shirts mit dem Abbild des Nazi-Diktators nachgewiesen werden.

Im Dezember 2014 hatten Ermittler des Verfassungsschutzes – unterstützt von Cobra, Landeskriminalamt und mehreren Polizeibeamten – zugegriffen und mehrere Hausdurchsuchungen bei Clubmitgliedern durchgeführt. Dabei wurde unter anderem im Vereinslokal die Hitler-Büste sichergestellt. Bei der Auswertung von Handys und Computern wurden unter anderem rassistische Lieder entdeckt, sowie festgestellt, dass sich die Mitglieder untereinander zum Teil rassistische "Scherz"-Botschaften geschickt hatten.

Vor Gericht gaben sich die Rocker als Unschuldslämmer (nur einer der Männer zeigte sich geständig). Wann immer sie mit belastendem Material konfrontiert und vom Richter gefragt wurden, ob sie Propaganda für den Nationalsozialismus betreiben wollten, hieß die Antwort: Nein. Die Bedeutung des SS-Totenkopfs wollte keiner so recht gekannt haben. „Totenköpfe spielen bei uns eine große Rolle. Aber eine Bedeutung hat nur der von unserem Logo“, erklärte einer der Rocker. Das Vereinswappfen des Clubs ziert ein Totenkopf mit rotem Stirnband.

„Es wundert mich, dass sie alle nichts mit rechtem Gedankengut zu tun haben wollen, aber einschlägige Bilder und Musik besitzen“, sagte die Staatsanwältin zu den Erklärungsversuchen. Sie unterstelle den Angeklagten zwar nicht, "dass sie Nazis sind". Aber so ahnungslos wie sie tun, seien sie auch nicht und hätten die Bedeutung des SS-Totenkopfs sehr wohl gekannt. Die Anklägerin erbat sich - wie auch die Verteidiger der schuldig gesprochenen Männer - Bedenkzeit. Der Strafrahmen für Verstöße gegen das Verbotsgesetz beträgt ein bis zehn Jahre.

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