So bleibt Kartnig Haft erspart

Hannes Kartnig darf hoffen, nicht zu lang im Gefängnis dunsten zu müssen: Fußfessel und gemeinnützige Leistungen machen es möglich.
2130-mal wurde Hausarrest gewährt, Ex-Fußballpräsident hat gute Chancen.

Hannes Kartnig dürfte das Gefängnis zumindest vorläufig erspart bleiben. Der Oberste Gerichtshof (OGH) reduzierte die Strafe wegen Steuerhinterziehung, wie berichtet, auf 15 Monate Haft plus 5,5 Millionen Euro Pönale. Schon in einigen Wochen könnte der einstige Präsident des SK Sturm Graz zwar die Aufforderung zum Strafantritt bekommen, sein Verteidiger Roland Kier wird aber Antrag auf Verbüßung im elektronisch überwachten Hausarrest stellen.

Die Fußfessel kann bei einer offenen Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr gewährt werden. Es kommt dabei auf den wahrscheinlichen Zeitpunkt der bedingten Entlassung an. Im Fall Kartnig wären das siebeneinhalb (Halbstrafe) oder zehn Monate (zwei Drittel).

Der Richter in 1. Instanz hat zwar im (nun aufgehobenen) Urteil verfügt, dass Kartnig die erste Hälfte der Strafe absitzen muss und keine Fußfessel bekommen darf, OGH-Senatsvorsitzender Kurt Kirchbacher ging darauf aber mit keinem Wort ein. Es ist also anzunehmen, dass auch diese Verfügung hinfällig ist.

Wie übrigens auch bei Ex-Innenminister Ernst Strasser. Der Erstrichter hatte ebenfalls die Fußfessel für einen Teil der Strafe ausgeschlossen, im neuen – nicht rechtskräftigen – Urteil von dreieinhalb Jahren Haft ist davon keine Rede mehr.

1000 Stunden

Für den Fall, dass Kartnig die 5,5-Millionen-Euro-Geldstrafe nicht zahlen kann, ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Monaten bestimmt. Einen Teil davon – maximal neun Monate – könnte der 63-Jährige mit gemeinnützigen Leistungen abdienen. Da kämen mehr als Tausend Stunden Sozialdienst auf den Lebemann zu.

Wenn Kartnig geschickt taktiert, setzt er nicht auf Strafaufschub oder sonstige Verzögerungen. Denn es erwartet ihn noch ein neu aufgerollter Prozess wegen Betruges, bei dem eine Zusatzstrafe droht. Würden die Strafen alle zusammengerechnet und gemeinsam vollzogen, hätte Kartnig bezüglich Fußfessel schlechtere Karten.

Hat er die Finanzstrafe im Hausarrest aber bereits verbüßt, bis die mögliche neue Strafe rechtskräftig wird, geht die Rechnerei von vorne los und er könnte ein zweites Mal die Fußfessel bekommen. Im schlimmsten Fall müsste er ein paar Monate tatsächlich hinter Gittern verbringen.

Für den Steuerzahler kommt der Hausarrest jedenfalls weitaus billiger, als Kartnig in einer Zelle dunsten zu lassen. Der Ex-Fußballpräsident müsste für die Fußfessel aus eigener Tasche täglich mindestens neun Euro zahlen, während ein Hafttag das Justizbudget mit 108 Euro belasten würde.

Seit Einführung des elektronisch überwachten Hausarrests in Österreich am 1. September 2010 wurde er in 2130 Fällen genehmigt. Die Fußfessel-Träger verbüßten diese Form des Strafvollzuges durchschnittlich 111 Tage lang. Die Tendenz ist steigend, fast 300 Verurteilte sitzen ihre Strafe derzeit daheim ab und dürfen die Wohnung nur für den Arbeitsweg und kleine Einkäufe verlassen.

Fakten zu Fußfessel statt Haft

9000 Straftäter sitzen aktuell hinter Gittern, fast 300 im Hausarrest. Ohne Fußfessel müsste die Justiz für diese wechselnde Klientel ein neues Gefängnis mit bis zu 400 Haftplätzen (Kosten: 200.000 Euro pro Haftplatz) bauen. Am häufigsten wird die Fußfessel in Wien genehmigt (81), am seltensten in Leoben (4) und Krems (5). Insgesamt wurden bisher 234.000 Tage im Hausarrest statt in Haft verbüßt.

Bei der Prüfung, ob Hausarrest infrage kommt, geht es in erster Linie um die Einschätzung des Risikos. Daher bekommen Gewalttäter seltener die Fußfessel (im Schnitt 33), bei Vermögensdelikten wird sie öfter gewährt (88), bei Sexualtätern so gut wie gar nicht.

Kartnig im Wandel der Zeit

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