Das Messer lag nur unter dem Polster
Eine Frau in Niederösterreich wird vergewaltigt. Sie wehrt sich nicht. Sie weint. Vor Gericht erklärt der Täter, ihm sei klar gewesen, dass die Frau das nicht wollte, sie hätte ja die ganze Zeit "geplärrt". Doch der Richter spricht ihn frei. Der Täter habe keine Gewalt angewendet und die Frau auch nicht bedroht.
Eine Ehefrau wird häufig geschlagen. Die Beziehung ist von Gewalt geprägt. Unter dem Kopfpolster hat der Mann immer ein Messer liegen. Als das Paar ins Bett geht, vergeht sich der Ehemann an seiner Frau. Das Verfahren gegen ihn wird eingestellt. Denn er hat das Messer nicht benutzt.
Schwieriger Beweis
Er hat einen Vergleich parat: "Ein Arzt darf den Patienten ohne Einverständnis nicht behandeln. Aber bei Sexualkontakten macht man sich damit ja lächerlich. Das sind ja keine Situationen, in denen man ausdrücklich nach dem Einverständnis fragt." Sein Vorschlag: "Die Formulierung ,gegen den Willen‘ wäre treffender."
Die Diskussion kann Alexandra Schmidt, Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg, nicht nachvollziehen. "Gehen wir doch einmal davon aus, dass Frauen so etwas nicht erfinden. Sie müssen sich bloßstellen, ihre ganze Kraft zusammennehmen, um das anzuzeigen." Dass die Angst vor Verleumdung der Männer so groß sei, kann sie nicht verstehen. "Aber es gibt Tausende Betroffene, die das erleben und keine Chance haben, dass ein Täter verurteilt wird. Wer hat Interesse daran, dass solche Dinge passieren dürfen?"
Bisher würden manche Vorfälle von Opfern gar nicht erst angezeigt – im Wissen, dass der Übergriff nicht zu einer Verurteilung führen wird. "Wir hören sehr oft: Ich hab’s über mich ergehen lassen", schildert Renate Hojas vom Gewaltschutzzentrum Salzburg. Was die Gesetzesänderung bringen wird: "Die Zahl der Verurteilungen wird steigen", ist sie überzeugt. "Nicht unbedingt die Zahl der Anzeigen."
Im Justizministerium jedenfalls will man mit dem eigens eingeführten Tatbestand "Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung" ernst machen. Der Strafrahmen soll laut Justizminister Brandstetter zwischen sexueller Belästigung (bis zu sechs Monate Haft) und geschlechtlicher Nötigung (sechs Monate bis fünf Jahre Haft) angesiedelt werden.
Heikle Umarmung
Doch das ist nicht die einzige Reform im Sexualstrafrecht: Für Diskussionen sorgt im Vorfeld auch die Verschärfung bei der sexuellen Belästigung. Das muss künftig kein Klaps auf den Hintern oder ein Griff auf die Brust sein. Das könnte dann schon bei einer Umarmung oder der Hand auf der Schulter beginnen. "Das soll ohne Zustimmung sicher nicht sein, aber beides sind beides keine Fälle für einen Strafrichter", urteilt Strafrechtler Fuchs scharf. Und auch Opferschützer Jesionek ist zurückhaltend. "Wenn jemand einer Frau beim Heurigen auf die Schulter klopft, anlassig ist und zu landen versucht – man kann nicht alles kriminalisieren. "
Frauenbeauftragte Schmidt findet da klare Worte: "Warum soll es erlaubt sein, jemanden unerwünscht zu berühren? Das ist ein Eingrifft in die körperliche Integrität. Und es ist wichtig, dass das Strafrecht die Voraussetzung dafür schafft." Jede dritte bis fünfte Frau habe schließlich schon derartige – unerwünschte – Erfahrungen gemacht. "Ein Urteil muss ohnehin der Richter treffen."
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