Sex-Steuer: Bordelle ignorieren Bundeserlass

Sex-Steuer: Bordelle ignorieren Bundeserlass
Bislang gibt es kaum Anmeldungen von Prostituierten als normale Angestellte.

Seit Juli gilt die vereinheitlichte Besteuerung von Prostitution. Ein entsprechender Erlass des Finanzministers brachte Bordellbetreiber in die Zwickmühle, Prostituierte als normale Angestellte mit sämtlichen damit verbundenen Abgaben zu führen. Ein Monat nach Inkrafttreten des Erlasses zeigt sich am Beispiel Niederösterreich: Die wenigsten Betreiber halten sich daran. Von rund 600 Prostituierten, von denen viele regelmäßig in Bordellen arbeiten, wurden bisher nur 49 bei der Krankenkasse angemeldet – also in ein Angestelltenverhältnis übernommen. Probleme gibt es laut Gebietskrankenkasse derzeit auch bei der Feststellung der Beitragsgrundlage. Die Landesregierung versucht nun, den verunsicherten Bordellbetreibern eine Art Leitfaden in die Hand zu geben.

Praxis

"Die Vorstellung, dass eine Prostituierte in einem Angestelltenverhältnis arbeitet, ist praxisfern", sagt Christa Hagen. Mit ihrem Mann Helmut betreibt sie in Krems den Club Rendezvous. "Kein Mädchen wird mit einem Freier aufs Zimmer gehen, weil ich das anschaffe." Auch kämen und gingen die Damen, "wann sie wollen", ergänzt Helmut Hagen. In einem normalen Bordellbetrieb lasse sich einfach kein Dienstnehmerverhältnis ableiten.

Der selben Ansicht ist Rémy Horcicka, Rechtsanwalt aus Salzburg. Er vertritt die "Babylon"-Nachtclubs in Wien, Salzburg und Klagenfurt. Er beschäftigt sich bereits länger mit dem umstrittenen Steuererlass: "Was der Gesetzgeber wollte, nämlich eine Vereinheitlichung der Besteuerung von Sexdienstleistern, ist nicht erreicht worden. Aus unserer Sicht wäre eine Rückkehr zum System, wie es bisher üblich war, wünschenswert."

Das ist aber von Bundesseite nicht angedacht. Daher verfolgt das Land NÖ eine andere Strategie. Zum ersten Mal in Österreich soll nun ein Leitfaden für Bordellbetreiber erarbeitet werden. "Darin soll aufgelistet werden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Prostituierte als Selbstständige im Betrieb arbeiten können", heißt es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger. Der Leitfaden soll auch mit der Finanzpolizei abgestimmt werden.

Für die Betreiber vom Club Rendezvous geht es um die Existenz: "Wenn ich heute acht Mädchen anmelden und ihnen Gehälter zahlen muss, kann ich in ein paar Monaten zusperren", sagt Helmut Hagen. "Und was haben wir dann?", fragt seine Frau. "Die Prostituierten gehen auf den Strich – und das auch noch illegal. Das kann wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers sein."

Steuer für Sexarbeit

Ein OGH-Urteil vom 18. April 2012 ermöglicht es Sexarbeiterinnen grundsätzlich, sich anstellen zu lassen. Wiewohl dies im Rotlicht nach wie vor unüblich ist, will der Fiskus per Erlass mit Stichtag 1. Juli 2014 vermehrt Lohnsteuer einheben. In jedem Einzelfall wird nun geprüft, ob laut Steuerrecht tatsächlich unselbstständig gearbeitet wird. Bisher gängige Praxis war, dass Prostituierte als Selbstständige arbeiten. Der Bordellbetreiber kassierte dafür bei ihnen einen gewissen Betrag und führte diesen als eine Art der Einkommenssteuer ab.

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