Schikanen in der Polizeiinspektion

Seit 1991 im Exekutivdienst: Derzeit beträgt der Frauenanteil bei der Polizei 14 Prozent – Tendenz steigend.
Immer mehr Frauen im Polizeidienst, aber auch immer mehr Beschwerden bei der Gleichbehandlungskommission.

Der Postenkommandant kam seiner Kollegin zu nah: Er berührte die Polizistin an den Schultern und den Hüften. Er schrieb in SMS von seiner Begierde, zeigte ihr pornografische Bilder und wollte Intimstes von ihr wissen.

"Das stand an der Tagesordnung", sagt die Betroffene. Als die Beamtin allein mit dem Chef im Dienstwagen saß, bog der in einen Waldweg ab und fasste ihr an den Oberschenkel. Sie sprang aus dem Auto.

Doch sie "hätte ihren Mann stehen wollen" und schwieg. Denn sie war die erste fixe Frau auf der Polizeiinspektion und wollte nicht, dass sie von den Kollegen als Zicke hingestellt werde. Also entwickelte die Polizistin den Ehrgeiz, besser als die anderen zu sein. Doch der Chef stellte sie als "kleine, unbedeutende Frau" hin, schikanierte sie beim Dienstplan. Als sie bei der Gewerkschaft Hilfe suchte, gab man ihr folgenden Rat: "Wir wissen eh, wie der ist. Aber tu’ dir das nicht an. Jetzt, wo du schwanger bist, geh doch in den Krankenstand."

Der Fall der Polizistin aus dem Westen Österreichs landete bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission. Der Postenkommandant wurde suspendiert, ging schließlich in Pension. "In solchen Fällen kennen wir keinen Spaß", sagt Siegfried Gundel von der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsangelegenheiten des Innenministeriums. 156 Beratungen wurden in der zweiten Jahreshälfte 2013 durchgeführt. Doch sexuelle Diskriminierung nimmt nur einen kleinen Teil der Beratungen in Anspruch. Zehn Verhandlungen führte die Bundesgleichbehandlungskommission im Vorjahr durch. "Nur bei einer ging es um sexuelle Belästigung", erklärt Gundel.

Dennoch. Es gibt sie. Wenn auch nicht immer derart massiv. "Wenn zum Beispiel ein Pirelli-Kalender in der Polizeiinspektion hängt und das eine Kollegin stört", erklärt Gundel. "Wenn der nicht abgehängt wird, ist das eine Dienstrechtsverletzung. Das ziehen wir durch."

Kommt es tatsächlich zu körperlichen Übergriffen, wird der Fall strafrechtlich schlagend. "Da haben wir keine Skrupel", betont der Gleichbehandlungsbeauftragte. Er wird in den kommenden Jahren nicht weniger zu tun haben. Denn: Die Zahl der Frauen bei der Polizei steigt. Erst seit 1991 sind sie im Exekutivdienst, zuvor waren sie nur in der Parkraumüberwachung eingesetzt. Aktuell liegt der Frauenanteil bei rund 14 Prozent. "Aber es gibt heute kaum noch einen Bezirk ohne Polizistin. Und das macht Sinn. Etwa bei der Deeskalierung. Oder bei bestimmten Vernehmungen", sagt Gundel. "Die jungen Polizisten kennen das gar nicht anders."

Gleichbehandlungsbeauftragte gibt es in jedem Bundesland, dazu kommen Kontaktfrauen. Gundel rät: "Betroffene müssen sofort handeln. Je länger die Belästigung dauert, desto schwieriger wird die Situation."

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