Quälen von Unmündigem: Haft für "Leihopa"

(Symbolbild)
Urteil vorerst nicht rechtskräftig. Freisprüche zweimal von OLG aufgehoben.

Wegen "Quälens oder Vernachlässigens" eines minderjährigen Buben ist am Dienstag am Landesgericht Innsbruck ein ehemaliger Betreuer einer Jugendorganisation zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der 66-Jährige war von den Vorwürfen bereits zweimal im Zweifel freigesprochen worden. Beide Freisprüche wurden aber vom OLG aufgehoben. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig.

Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft gaben keine Erklärung ab. Der Beschuldigte hatte sich auch bei der dritten Auflage des Prozesses nicht schuldig bekannt. Es sei aber Faktum, dass es zu einer psychischen Beeinträchtigung des Buben gekommen war, begründete Richter Gerhard Melichar das Urteil. "Die Auffälligkeiten des Buben haben mit dem Auftreten des Angeklagten begonnen", fügte der Richter hinzu. Dies hatten zuvor mehrere Zeugen unisono ausgesagt.

Verurteilung in anderem Fall

Dem 66-Jährigen wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, zwischen Frühsommer 2009 und Anfang Mai 2010 den damals neunjährigen Buben als "Leihopa" immer mehr "isoliert" und dessen soziale Kontakte unterbunden zu haben. Der ehemalige Betreuer war bereits im Jahr 1999 in Zusammenhang mit dem Selbstmord eines Zwölfjährigen wegen vorsätzlicher Tötung zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Acht Jahre später wurde er wegen guter Führung entlassen.

Nach seiner Entlassung kümmerte sich der Mann beinahe täglich um den neunjährigen Burschen. Ein Nachbar machte schließlich die Kinder- und Jugendhilfe darauf aufmerksam. Diese habe daraufhin die Mutter aufgefordert, ihr Kind nicht mehr in der Obhut des 66-Jährigen zu belassen. Als die Mutter diese Auflage nicht einhielt, war das Kind vorübergehend in einem Heim untergebracht worden.

Dem Buben gehe es jetzt wieder gut. Er werde keine psychischen Schäden davon tragen, berichtete die als Zeugin geladene Mutter. Zwei Gutachter hatten festgestellt, dass der Neunjährige damals sowohl Symptome einer Anpassungsstörung, als auch die einer posttraumatischen Belastungsstörung gezeigt habe. "Wahrscheinlich wird bei dem Kind keine Schädigung bleiben, weil man rechtzeitig eingegriffen hat", sagte der Psychiater Werner Leixnering. "Wenn das Verhalten des Angeklagten so weiter gegangen wäre, hätte der Bub sicher beträchtliche Schäden erfahren", schloss sich der Psychologe Salvatore Giacomuzzi den Ausführungen des Mediziners an.

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