Prozess 16 Jahre nach Angriff auf Prostituierte

Der Angeklagte und das Gericht vor Beginn des Prozesses.
Mit Hammer auf Opfer eingeschlagen - Beschuldigter erzählte Jahre danach Mithäftling von der Tat.

16 Jahre nach einem Raubüberfall auf eine Prostituierte hat sich am Freitag ein 31-Jähriger vor einem Salzburger Schwurgericht wegen schweren Raubes mit Dauerfolgen verantworten müssen. Das 42-jährige Opfer wurde schwer verletzt, es erblindete an einem Auge. Der Fall war lange ungeklärt. Der nunmehrige Beschuldigte erzählte einem Häftling über seine Mittäterschaft. Dieser hat ihn "verpfiffen".

Der zur Tatzeit 14-jährige Angeklagte soll zusammen mit seinem damals 29-jährigen Onkel den brutalen Überfall in der Nacht auf 1. April 1998 im Salzburger Stadtteil Liefering begangen haben. Die Prostituierte stieg in den Wagen des Onkels, der vermeintliche Freier fuhr mit ihr zu einem Parkplatz. Dort fielen er und sein Neffe, der sich im Fond des Autos versteckt gehalten hatte, über die Frau her. Der jüngere der beiden soll ihr mit einem Hammer 20 mal auf den Kopf geschlagen haben. Die Prostituierte wurde auch noch gewürgt und erhielt Fußtritte. Sie erlitt Gesichtsbrüche, schwere Rissquetschwunden am Kopf und verlor aufgrund der Verletzungen das linke Augenlicht.

Die Täter machten sich mit der Handtasche des Opfers und 1.000 Schilling (72,67 Euro) aus dem Staub. Die Polizei forschte den 29-jährigen Serben als Verdächtigen aus. Ermittelt wurde wegen versuchten Raubmordes. Doch der Serbe setzte sich nach dem Verbrechen in seine Heimat ab und konnte untertauchen. Erst im Vorjahr wurde bekannt, dass er sich eine neue Identität zugelegt hatte und mit einem gefälschten französischen Reisepass mehrfach in Österreich war. Er erlag 2012 einem Krebsleiden. Auch das Opfer kann nicht mehr aussagen: Die Frau starb 2005 eines natürlichen Todes.

Seit dem Vorjahr steht nun der Neffe im Visier der Justiz: Er verbüßte wegen Gewaltdelikte eine mehrjährige Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Graz-Karlau. Dort vertraute er einem Gefangenen an, dass er bei dem Überfall in Salzburg dabei gewesen sei. Der Mithäftling gab die Informationen den Behörden weiter. Im Ermittlungsverfahren hat der Angeklagte aber bestritten, dass er mit dem Hammer auf die Frau eingeschlagen hätte. Zurzeit befindet er sich in Garsten erneut im Maßnahmenvollzug.

Angeklagter bekennt sich nicht schuldig

Vor Gericht bekannte sich der Angeklagte nicht schuldig. Als sein Onkel mit dem Hammer auf die Prostituierte eingeschlagen habe, habe er sich schützend vor die Frau geworfen, sagte der zierliche 31-Jährige mit trauriger Stimme zur vorsitzenden Richterin Bettina Maxones-Kurkowski. Nach mehrmaliger Aufforderung des Onkels habe auch er ein paar Mal zugeschlagen, aber nicht mit dem Hammer, beteuerte der Serbe.

"Meine Fingerabdrücke sind nicht auf dem Hammer. Ich habe der Frau weder etwas weggenommen noch mit dem Hammer zugeschlagen", erklärte der Beschuldigte. Er habe weinen müssen, als er gesehen habe, wie brutal der 29-Jährige auf die Frau eingeschlagen habe und sich zuerst auch geweigert, mitzumachen. "Mein Onkel hat auch mich beschimpft und mich einen Nichtsnutz genannt", schilderte der Angeklagte. "Er sagte: 'Schlag sie'. Ich weigerte mich und flehte ihn an, aufzuhören, doch er meinte: 'Soll sie doch sterben'."

Vor der Tat sei er auf dem Weg zum Spielplatz gewesen, erzählte der 31-Jährige. Der Onkel habe ihn im Auto mitgenommen und ersucht, ihm einen Gefallen zu tun, er wolle einen Freund erschrecken. Auf der Fahrt sei der Mann stehen geblieben. "Ich musste mich im Kofferraum verstecken." Minuten später sei eine Frau zugestiegen, die beiden Erwachsenen hätten zu streiten begonnen. "Er hustete, das war mein Zeichen. Ich sollte hervorspringen, tat es zuerst aber nicht. Da sagte er 'komm raus, Kleiner', und ich schupfte die Rückbank um. Die Frau blickte zu mir zurück." Daraufhin habe sein Onkel auf sie eingeschlagen, sie aus dem Auto gezerrt und weiter auf sie eingeschlagen. "Ich sagte: 'Hör auf, du bringst sie ja um', doch er machte weiter."

Die Tatwaffe, der Hammer, ist bis heute nicht aufgetaucht. "Objektive Beweisergebnisse gibt es nicht, außer die Aussagen des Opfers, die vorliegen", gab Verfahrenshelfer Rechtsanwalt Christian Schubert zu bedenken. Das mittlerweile verstorbene Opfer hatte in ihrer Zeugenaussage den damaligen Teenager aber schwer belastet. Ihren Angaben zufolge hat der jüngere der beiden Täter mit dem Hammer mehrmals zugeschlagen. Das Schwurgericht zieht nicht nur einen schweren Raub mit Dauerfolgen in Erwägung, sondern wird auch die Frage beleuchten, ob es sich um einen versuchten Mord handeln könnte, wie die vorsitzende Richterin zu Beginn der Verhandlung erklärte. Ob noch am Freitag ein Urteil ergeht, stand noch nicht fest.

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