Polizistin stürzte bei Verfolgung, Täter haftet für Fluchtweg

Wer sich der Festnahme entzieht, muss auf verfolgende Polizisten achtgeben
Schadenersatz: Schläger lief vor Polizei über Baustelle davon und schuf dadurch laut OGH eine Gefahrenlage. Er muss der verletzten Beamtin 20.000 Euro zahlen.

Wer vor der Polizei davonläuft, sollte seinen Fluchtweg künftig mit Bedacht auswählen. Kommen die Beamten bei der Verfolgung nämlich zu Schaden, wird der Täter zur Kasse gebeten.

Schlägerei um ein Uhr früh in Salzburg, ein Mann schlägt seinem Gegner das Auge blutig und rennt davon, als er einen Streifenwagen sieht. Eine Polizistin in Uniform springt aus dem Einsatzfahrzeug, nimmt die Verfolgung auf und ruft: „Halt, Polizei!“

Der Schläger (der also sehr genau weiß, wer ihn verfolgt) denkt nicht daran, stehen zu bleiben und setzt seine Flucht über eine Baustelle fort. Die Beamtin bleibt ihm auf den Fersen, tritt mit dem Fuß unbeabsichtigt auf eine Abgrenzung, kommt zu Sturz und verletzt sich schwer.

Keine Mitwirkung

Berufsrisiko? So hieß es bisher immer. Man kann vom Verdächtigen nicht verlangen, dass er an seiner eigenen Festnahme mitwirkt und sich quasi selbst ausliefert, indem er brav stehen bleibt. Die Flucht an sich ist nicht rechtswidrig.

So ähnlich entschieden zwei Gerichtsinstanzen, nachdem die Polizeibeamtin den geflüchteten Verdächtigen auf 20.000 Euro Schadenersatz geklagt hatte. Der Oberste Gerichtshof (OGH) aber drehte die bisher gültige Rechtsmeinung um.

Vorweg: Der Beschuldigte muss zur Aufklärung der Tat nicht beitragen, dabei bleibt es auch weiterhin. Auch besteht keine Pflicht, sich der Verfolgung zu stellen, also nicht zu flüchten.

Aber: Wenn er sich zur Flucht entschließt, dann treffen ihn Verkehrssicherungspflichten für die Gefahren, die er durch seine Flucht schafft.

Der OGH sagt, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Beschuldigte mit seiner Flucht „eine erhöhte Gefahrenlage“ für die ihn verfolgende Polizistin geschaffen hat. Der Umstand, dass er seine Fluchtrichtung über die Baustelle gewählt hat, brachte für die „in Erfüllung ihrer Dienstpflicht agierende“ Poliztistin „die Gefahr mit sich, Hindernisse in der Schnelligkeit zu übersehen oder falsch einzuschätzen.“

Damit aber wird „das Risiko der Beeinträchtigung der körperlichen Integrität der verfolgenden Polizeibeamtin“ auf den Flüchtenden übertragen.

Günstiger Weg

Eine „Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten“ und damit ein Mitverschulden an ihrer Verletzung kann man der Beamtin übrigens nicht vorwerfen. Polizisten müssen in der Eile nicht den günstigsten Weg zur Verfolgung eines Verdächtigen wählen, sagt das Höchstgericht.

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