Plan für Fernzünder auf Prediger-PC

Ebu Tejma predigte lange in Wien
Mirsad O. will "keine Ahnung" haben, woher Anleitung zum Bau eines Bombenbestandteils stammt.

Ich stelle keine Gefahr dar." Die beschwichtigenden Worte Mirsad O.s, besser bekannt unter seinem Prediger-Namen Ebu Tejma, stimmten die Grazer Haftrichterin nicht um. Sie verlängerte vor zehn Tagen die U-Haft gegen den 33-Jährigen aus Wien, der im Verdacht steht, Gotteskrieger für Terror-Milizen in Syrien rekrutiert und Spenden für dieselben gesammelt zu haben.

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Lennart Binder
Ein gewichtiger Grund für die weitere Inhaftierung dürfte eine Word-Datei sein, die Ermittler auf seiner beschlagnahmten Festplatte gefunden haben. Es handelt sich um eine "Anleitung zur Herstellung einer Fernzündung per Handy", wie es im Gerichtsakt heißt. O. bestritt, die mit Bildern versehene Instruktion selbst abgespeichert zu haben. "Ich hatte keine Ahnung", entgegnete er. Sein Rechtsvertreter Lennart Binder präzisiert, dass "ein Freund Daten, wie Bücher und andere Dokumente" auf der Festplatte abgelegt hat. Die Herkunft der Datei wird genauer untersucht.

"Hauptideologe"

O. ist eine schillernde Figur in der Salafisten-Szene. Ideologisch geschult in Saudi Arabien, als Prediger im www im gesamten deutschsprachigen Raum bekannt. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Graz schätzt ihn gar als "Hauptideologen für den globalen jihadistischen Islamismus" ein. Als Prediger, so wirft ihm der Staatsanwalt vor, soll er junge Muslime an die Terror-Milizen "Jabath Al-Nusra" und "Islamischer Staat" (IS) vermittelt haben. O. will davon nichts wissen. "Ich habe nie für die IS oder eine andere islamistische Organisation geworben", erklärte er zuletzt. Er habe Angst gehabt, dass ihn jemand in dieses Licht rücken würde. "Eine direkte Aufforderung" für den Heiligen Krieg habe es nie gegeben, erklärt sein Anwalt. "In keinem Video."

Der Prediger räumte aber ein, nachträglich von den Ausreisen erfahren zu haben. "Ich habe aber die Leute mehrmals öffentlich aufgefordert, nicht nach Syrien zu gehen." Später hätten sich die Ausgereisten telefonisch gemeldet.

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Moschee, Altun-Moschee, Venediger Au
Die Behörde hat allerdings Namen: 64 ausgereiste Dschihadisten hätten Kontakt mit O. Allein 52 stammen aus dem Umfeld der Altun-Alem-Moschee in der Venediger Au in Wien, in der er lange Zeit gepredigt hat. Ob es sich bei seinen veröffentlichten Reden um ein "übliches Anwerbe-Schema" für Terror-Milizen handelt, soll ein deutscher Sachverständiger klären. Für den Staatsanwalt zeigt die signifikante Anzahl an Ausgereisten aus O.s Moschee-Publikum dessen "dominante Stellung bei der Anwerbung" und "der Kontaktherstellung" zu den Milizen. Binder sagt: "Wie soll mein Mandant erklären, warum viele nach Syrien gegangen sind." Und O. betonte: "Ich kenne Tausende Leute."

Der Prediger wusste, dass ihn Verfassungsschützer observiert haben. Gegen ihn lief aber auch ein großer Lauschangriff. Im Auto schnitten die Ermittler ein Gespräch über eine Benefizveranstaltung mit. Für Binder sind es "Gesprächsfetzen", für die Behörde ein Indiz für Terror-Finanzierung. O. rüffelte laut Protokoll im Pkw einen Unbekannten, weil ein Dritter 20.000 Euro Spendengeld nicht an die "Daula" (Anm. laut Akt meint er damit die IS), sondern an eine Einzelperson "gegeben" haben soll.

Der Haftrichterin legte O. einen Flyer der Benefizveranstaltung vor. Er sei als Gastprediger über Nächstenliebe eingeladen gewesen. Seinen Aufruf um Geldgaben wertet die Behörde als Terror-Sponsoring. Der 33-Jährige will das Geld weder gesammelt noch je gesehen haben.

Kontakte oder Prahlerei

Aus den Abhörprotokollen geht hervor, dass O. viel über Syrien weiß, von Schleichwegen dorthin bis hin zu einem Friseur in Grenznähe und Telefon-Kontakten – etwa zum IS-Propagandisten Firas H. aus Wien. Und als Österreichs prominenter Islamist, Mohamed Mahmoud (der nun in Syrien weilt), noch in der Türkei im Gefängnis saß, durfte laut Akt "dieser dann über Initiative des O. das Freitagsgebet halten". O. tut das als Prahlerei ab.

Von den neun im November Festgenommenen, denen die Mitgliedschaft in einer Terror-Gruppe vorgeworfen wird (bis zu zehn Jahre Haft), sind nur mehr O. und zwei weitere in U-Haft. Binder kritisiert die Haftbedingungen. Sein Mandant sei in Einzelhaft, dürfe nicht Fernsehen und keinen Besuch empfangen.

Derzeit überprüft die Behörde einen Islamisten, der mit einem Moschee-Freund von O. bekannt ist. Dieser steht im Verdacht, "eine Anleitung zum Sprengen am Schottentor erstellt" zu haben.

Dschihadist oder Flüchtlingshelfer? Magomed Z., 30, war 2013 ein halbes Jahr in Syrien. Um Armen zu helfen, sagte er am Donnerstag in Krems vor einem Schöffensenat, und sprach seine eigene Kriegserfahrung als Flüchtling in Tschetschenien an. Viele Indizien deuten aber darauf hin, dass Z. im Sold einer zur Terror-Miliz Islamischer Staat gehörenden Gruppe gekämpft hat.

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Dschihadist, Prozess Krems, Terrororganisation, IS, ISIS, Magomed Z.
Er plauderte laut Anklage in Chats über Flugzeuglärm und Schüsse, und er schrieb Sätze wie: "Ohne Dschihad ist das kein Leben." Ermittler stellten tausende Fotos sicher – angeblich auch drei Kinderporno-Bilder. Eine Verfassungsschützerin zufolge ist Z. ein Hardcore-Fan der IS-Terroristen. Er sei fast blind, attestierte ihm ein Gutachter – und, um es zu veranschaulichen, "untauglich" für das Bundesheer.

Für Verteidiger Wolfgang Blaschitz ist Z. ein Komplexler, der mit der Syrien-Reise zeigen wollte, dass er kein "schaßäugiger Schwächling" sei und mit Fotos in Kampfmontur eine Frau beeindrucken wollte. Blaschitz kreidet der Anklage an, Z. eine IS-Mitgliedschaft vorzuwerfen, obwohl diese damals in dem Gebiet nicht gar präsent gewesen sei. Ein Gutachter soll dies klären. Z. drohen zehn Jahre Haft wegen Mitgliedschaft in einer Terror-Gruppe. Fortsetzung: 11. Februar.

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