Personalproblem: Justizwachen scheitern an der Prüfung

Auf neues Personal wartet man in den heimischen Gefängnissen derzeit vergeblich.
211 von 220 Bewerbern fielen in der Steiermark durch den Aufnahmetest zum Justizbeamten.

Die Justiz hat ein massives Personalproblem: Das Interesse am Job des Gefängniswärters ist durchaus vorhanden, doch ein Großteil der Bewerber fällt durch den Eignungstest.

Seit der Umstellung des Aufnahmeverfahrens im Vorjahr ist die Durchfallquote so hoch wie noch nie. Von zuletzt 220 Teilnehmern bei der Aufnahmeprüfung in der Steiermark wurden 211 mit "Nicht genügend" wieder nach Hause geschickt. Doch auch die neun übrig gebliebenen Kandidaten können ihre Ausbildung vorerst nicht beginnen: Sie sind zu wenige, um einen Jahrgang für die zwölfmonatige Justizschule bilden.

Justizgewerkschaft und Personalvertretern brennt das Thema unter den Nägeln: Während die Gangart in den Gefängnissen (siehe Zusatzbericht unten) immer brutaler wird, ist Nachwuchs schwer zu finden. Die große Hürde ist das neue K.o.-System im Aufnahmeverfahren.

Kein Einzelfall

Das desaströse Ergebnis des Aufnahmetests in der Steiermark kann nicht als unglücklicher Einzelfall abgetan werden. "In Oberösterreich muss die Prüfung wegen der hohen Durchfallquote heuer schon zum dritten Mal ausgeschrieben werden", sagt der Vorsitzende der Justizwache-Gewerkschaft, Albin Simma (FCG).

Das Problem liegt laut Gewerkschaft daran, dass die Prüfung, die am Computer absolviert wird, keine Fehler verzeiht. "Früher gab es ein Punktesystem. Man konnte in einem Gegenstand schlechter und in einem anderen besser sein", sagt Simma. Das geht jetzt nicht mehr. Wer beispielsweise Mathematik nicht schafft, darf in den anderen Kategorien erst gar nicht antreten und muss nach Hause fahren.

Nach dem Test am Computer warten weitere Hürden: Für viele, die es bis zum persönlichen Aufnahmegespräch schaffen, sei dort Endstation. Es gibt massive Kritik, dass dieses Gespräch ein Psychologe und nicht wie bei der Polizei ein dafür qualifizierter Beamter führt. "Es hängt von der Beurteilung einer einzigen Person ab, die keinerlei Bezug zu einem Gefängnis hat", sagt Simma.

In Oberösterreich gibt es den kuriosen Fall eines Polizeischülers, der zur Justiz wechseln wollte. Die Aufnahmeprüfung auf die Polizeischule hat er geschafft, "bei der Justiz ist er mit Bomben und Granaten durchgefallen. Das soll mir mal einer erklären", sagt Simma.

Laut Britta Tichy-Martin vom Justizministerium sind die Beschwerden über den Aufnahmetest bekannt. "Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, dass die Hürden vor allem bei Rechtschreibung, Grammatik und Rechnen sowie beim psychologischen Testverfahren liegen", erklärt die Sprecherin. Das Verfahren werde gerade evaluiert. "Wir werden im Herbst beurteilen, ob es sich bewährt hat oder ob adaptiert werden muss", so Tichy-Martin.

Derzeit werden in Österreich 100 neue Justizbeamte gesucht. Die Vollzugsverwaltung versucht, auf Berufsmessen aktiv zu sein und die Werbetrommel für den Job des Häfenwärters zu rühren. Voraussetzung ist Matura oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Anwärter müssen mindestens 18 Jahre alt und unbescholten sein.

In den heimischen Justizanstalten wird ordentlich aufgerüstet. Das Justizministerium kommt einer schon lange gestellten Forderung der Gewerkschaft nach und stattet seine Wachebeamten mit deutlich besserer Ausrüstung aus. Die Beschaffungsinitiative ist auch eine Reaktion auf die deutliche Zunahme von Gewaltexzessen in den heillos überfüllten Gefängnissen.

Die Gangart hinter Gitter wird immer brutaler. Von 2014 auf 2015 hat sich die Zahl der tätlichen Angriffe von Insassen gegen Justizwachebeamte von 47 auf 109 mehr als verdoppelt. Dabei wurden 47 Beamte von Häftlingen verletzt.

"Die Anforderungen an das Personal werden immer schwieriger. Ohne entsprechende Ausrüstung ist es für die Mitarbeiter zu gefährlich. Es geht um den Eigenschutz", sagt Roman Söllner von der freiheitlichen Gewerkschaftsfraktion AUF.

Personalproblem: Justizwachen scheitern an der Prüfung
Auf neues Personal wartet man in den heimischen Gefängnissen derzeit vergeblich.
Das Ministerium hat in den vergangenen Tagen ein Beschaffungspaket abgesegnet. Auf der Liste stehen u. a. 108 Schlag- und Stichschutz-Westen, 100 Glock-17-XF-Trainingswaffen mit Farbmunition und die dazugehörige Schutzkleidung.

Da die Justizwache auch bei Prozessen gegen Angehörige der IS-Terrormiliz oder der Pink-Panther-Bande erhöhter Gefährdung ausgesetzt ist, kommt immer häufiger auch Spezialausrüstung zum Tragen. Angekauft werden daher nicht nur gepanzerte Fahrzeuge, sondern auch 60 zusätzliche Steyr-Mannlicher-Sturmgewehre vom Typ AUG 88 sowie Oberschenkel-Holster und Teleskop-Schlagstöcke. Weiters sind 600.000 Euro für den Ankauf von schusssicheren Westen bereitgestellt.

Einweg-Nadeln

Nachgekommen wird auch einer Forderung der Personalvertreter nach Stichschutz-Handschuhen für Leibesvisitationen. Es gab dabei bereits Versuche, Bedienstete mit versteckten Einweg-Nadeln zu verletzten. Auch der Taser (Elektroschocker) gehört weiterhin zum Standardrepertoire der Justizwache. Das in die Jahre gekommene Modell wird durch die neueste Generation ersetzt.

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