Oligarch Firtasch unter Korruptionsverdacht

Dmitry Firtasch steht wieder unter Verdacht
Beraterin des ukrainischen Oligarchen soll deutsche Kripobeamte bestochen haben. Hier sind die neuen brisanten Details.

Der auf ein Vermögen von über zehn Milliarden Euro geschätzte ukrainische Oligarch Dmitry Firtasch steht neuerlich unter schwerem Korruptionsverdacht. Diesmal kommen die Vorwürfe aus Deutschland: Kontaktleute des Oligarchen sollen zwei Mitarbeiter des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern (Namen sind der Redaktion bekannt) bestochen haben, um von diesen Ermittlungsergebnisse über Firtasch zu erlangen. Als Vermittlerin soll die 69-jährige Berliner Unternehmensberaterin Christine W. aufgetreten sein.

Der in Österreich wohnhafte Firtasch stand schon einmal unter Korruptionsverdacht. Ein US-Gericht wirft ihm vor, in Indien Amtsträger bestochen zu haben, um Lizenzen für den Titan-Abbau zu bekommen. Die USA stellten in Österreich Auslieferungsantrag. Firtasch wurde in U-Haft genommen und gegen 125 Millionen Euro Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Auslieferung wurde verweigert.

Hausdurchsuchung

Wegen des neuen Verdachts wurde im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Schwerin vergangenen Mittwoch in der Villa des Oligarchen in Wien-Hietzing eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Zeitgleich wurden an diesem Tag die Unternehmensberaterin W., zwei Beamte des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern und die Ehefrau des einen Polizisten in Deutschland verhaftet. Der Haftbefehl gegen den jüngeren Beamten wurde später aufgehoben, die anderen Beschuldigten sitzen in U-Haft.

Laut dem KURIER vorliegenden Informationen besteht der Verdacht, dass Christine W. und einer der zwei LKA-Beamten angeblich am 6. April 2014 mit Firtasch bzw. Personen aus seinem engen Umfeld einen Beratervertrag abgeschlossen haben. Dem Vernehmen nach sollte sie für den Oligarchen ausloten, welche rechtlichen Risken ihm in Russland, in der Ukraine und Ungarn drohen könnten. Insgesamt flossen von Mitte April 2014 bis Mitte März 2015 520.000 Euro auf ihr Konto bei der Landesbank Berlin.

Geld aus Zypern

Überwiesen wurde der Betrag in fünf Tranchen von zwei zypriotischen Konten der Tomaso Holdings Ltd. Sie hat ihren Sitz auf den Seychellen. Wirtschaftlicher Eigentümer der Briefkastenfirma soll Robert Shetler-Jones sein – ein enger Vertrauter Firtaschs und Top-Manager in dessen Firmenimperium.

Die Privat-Agentin

Die deutsche Beraterin W. soll Teile des Geldes bar behoben haben. "Die Verwendung der Barmittel dürfte unter anderem im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf der Bestechung stehen", heißt es in den Ermittlungsakten. So besteht der Verdacht, dass die Beraterin bereits seit dem Jahr 2009 die zwei verdächtigen LKA-Beamten – darunter einen Hauptkommissar – für Informationen, die diese unter Verwendung ihrer Dienstausweise und Dienststellung sammelten, bezahlt hat. Sie soll das Duo zum Amtsmissbrauch angestiftet haben. Den beiden Amtsträgern wird daher auch Bestechlichkeit vorgeworfen. Sie sollen zirka 200.000 Euro erhalten haben.

Draht zum FBI

Hier schließt sich der Kreis zum ukrainischen Oligarchen Firtasch. Im April 2014 nahm einer der beiden LKA-Ermittler Kontakt zum US-amerikanischen Secret Service in Frankfurt am Main und später in Washington auf. Beim Secret Service, den Personenschützern des US-Präsidenten, hatte der LKA-Mann offenbar einen guten Bekannten. Dem soll er laut Aktenlage suggeriert haben, dass er "im dienstlichen Auftrag handle". Im Mai 2014 schrieb einer der verdächtigen Kripo-Beamten dann dem Vize-Chef des FBI und dem Chef des US-Heimatschutzministeriums Homeland Security, "dass er von Firtasch beauftragt wurde, in dessen Namen mit den US-Behörden zu verhandeln".

Indes notierte der zweite LKA-Beamte, "dass nicht nur Firtasch an einer außergerichtlichen Einigung mit den USA interessiert sei, sondern auch die USA selbst". Ein Angebot zu Gesprächen mit dem FBI-Büro in Chicago soll dem Firtasch-Vertrauten Shetler-Jones übermittelt worden sein. Einer der beiden LKA-Mitarbeiter flog im Sommer 2014 mit seiner Lebensgefährtin von Berlin nach Chicago.

Ob Gespräche mit dem FBI tatsächlich stattgefunden haben, ist derzeit noch unklar. Detail am Rande: Die US-Strafverfolgungsbehörden, die den Fall Firtasch bearbeiten, sind in Chicago angesiedelt.

Firtasch nur Zeuge

Die Staatsanwaltschaft Schwerin ließ nicht nur in Wien bei Firtasch, sondern auch im Büro der beschuldigten Polizeibeamten im Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern sowie in Schwerin, Ludwigslust und Rostock durchsuchen.

Der Wiener Rechtsanwalt von Firtasch, der ehemalige Justizminister Dieter Böhmdorfer, erklärte dem KURIER, sein Mandant sei nur als Zeuge einvernommen worden. Er habe aus freien Stücken eine Aussage abgelegt. Dass es eine Hausdurchsuchung bei Firtasch gab, deutet laut Böhmdorfer noch nicht darauf hin, dass an den Vorwürfen etwas dran sei: "Es kann auch eine Hausdurchsuchung in einem Beichtstuhl geben, ob eine Bombe drinnen liegt. Davor ist niemand gefeit."

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