Österreichs neue Amts- und Hofräte

Österreichs neue Amts- und Hofräte
Für 64.000 Vertragsbedienstete gibt es jetzt gehaltvolle Titel, aber nicht mehr Mittel. Damit will Staatssekretärin Muna Duzdar eine Gleichstellung zwischen Beamten und Vertragsbediensteten erreichen.

Unter den 63.900 Vertragsbediensteten im Bund rumorte es. Denn die über 70.000 pragmatisierten Beamten verdienen (für die idente Arbeit) mehr Geld, gehen oftmals früher in Pension und dürfen mit schwungvollen Titeln ihre Wichtigkeit unterstreichen. Also überlegte sich die Politik ein "Zuckerl" für die unzufriedenen Staatsdiener. Anvisiertes Ziel: Beruhigung der Belegschaft.

Dazu bedurfte es aber jede Menge Kreativität. Und die wurde still und leise in der Dienstrechts-Novelle 2016 verpackt. Zwar bekommen die knapp 64.000 Vertragsbediensteten keinen Cent mehr Gehalt, dafür aber dürfen sie sich in Zukunft mit richtig gehaltvollen Amtstitel – sie stammen zum Teil noch aus der Monarchie – schmücken (siehe Infokasten unten).

Für Beamten-Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) stellt diese Amtstitel-Posse jedoch eine entscheidende Neuerung dar: "Bei der Schaffung von Verwendungsbezeichnungen ist die Gleichstellung zwischen Vertragsbediensteten und Beamten und Beamtinnen vorrangiges Ziel."

Neugebauer schweigt

Dieser Zugang zum Thema Gleichstellung dürfte sogar Fritz Neugebauer, wortgewaltiger sowie streitbarer Chef der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD), nicht ganz geheuer sein. Sein Pressesprecher ließ ausrichten: "Dazu sagen wir nichts. Die Frau Staatssekretärin hat dazu ja schon Stellung genommen."

In den Tausenden Amtsstuben des Landes beginnt jetzt das große Türschilder-Auswechseln. Auch Briefköpfe, Visitenkarten, Telefonlisten, Stempel sowie Homepages usw. müssen auf den aktuellen Titelstand gebracht werden. Staatssekretärin Duzdar bestätigte, dass diese Regelung "keine budgetären Auswirkungen hat". Bedeutet, dass die geschmückten Vertragsbediensteten in Ämtern und Ministerien ihre geschenkten Titel in Eigenregie anbringen müssen. Bleibt abzuwarten, wie lange diese zusätzliche Herausforderung dauern wird.

Beruhigungspille

Ein KURIER-Informant, tätig in einer Wiener-Beamtenhochburg wollte anonym bleiben, ärgerte sich aber dafür umso mehr: "Ich bekomme jetzt einen Titel ohne Mittel und Mehrarbeit bedeutet diese Regelung auch noch. Zusätzlich ist die Gleichstellung mit den pragmatisierten Kollegen so nicht zu erreichen. Das ist nichts anderes als eine Beruhigungspille."

Bleibt die Frage, ob die Staatsdiener in Zukunft vom Bürger mit ihren neuen Titeln angesprochen werden müssen. "Geschätzte Frau Oberamtsassistentin, wo muss ich hier unterschreiben ...?

Neben der umstrittenen Titelflut brachte die Dienstrechtsnovelle 2016 aber auch substanzielle Neuerungen für Österreichs Staatsdiener.
Bei Dienstverhinderungen wegen akuter psychischer Belastungsreaktionen, wie sie etwa bei der Exekutive geschehen können, wird es in Zukunft zu keinem Ruhen der pauschalierten Nebengebühren (etwa Gefahrenzulage, Aufwandsentschädigung oder Fahrtkostenzuschuss, Anm.) mehr kommen. Bisher galt dies nur bei einem physischen Dienstunfall. „Das Auffinden verwester Leichen oder der Einsatz bei Brandkatastrophen kann schwere psychische Belastungen auslösen. Denn wir nehmen die psychische , aber auch physische Gesundheit sehr ernst“, argumentierte Beamten-Staatssekretärin Muna Duzdar.

Auch Richter und Richterinnen profitieren von der Novelle. Es wurde eine Teilzeitmöglichkeit geschaffen, die nach einem längeren Krankenstand in Anspruch genommen werden kann.

Auch das Disziplinarrecht wurde nachgeschärft. So haben nun Zeugen das Recht, in mündlichen Disziplinarverhandlungen durch Vertrauenspersonen unterstützt zu werden. In der Praxis wird diese Regelung dann eine Rolle spielen, wenn die sexuelle Sphäre oder ein sonstiger persönlicher Lebensbereich der Zeugen betroffen ist. Diese Regelung galt zuvor nur für Minderjährige. Duzdar erklärt die Hintergründe: „Bei Verhandlungen ist es für Betroffene wichtig, dass sie eine Person ihres Vertrauens psychisch unterstützt.“

In der aktuellen Dienstrechtsnovelle gibt es auch Neuerungen bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung im Arbeitsablauf. Mit der Konkretisierung im Beamtendienstrecht ist jetzt sichergestellt, dass Beamte mit Behinderung auch die für sie infrage kommende Arbeit erhalten.

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