„Notrufe“, die keine sind

„Notrufe“, die keine sind
Rettung und Feuerwehr sind immer häufiger mit Bagatellen konfrontiert.

Wenn ein Nachtschwärmer Bekanntschaft mit dem harten Asphalt macht, sich das aufgeschürfte Knie im Spital versorgen und dann von der Rettung wieder ins Wirtshaus chauffieren lässt; wenn sich eine Hausfrau in den Finger schneidet und der Gatte mit dem Privatauto hinter dem Blaulicht herfährt; wenn ein Autofahrer die Feuerwehr alarmiert, weil ein Ast auf der Straße liegt: Dann fühlen sich die Ehrenamtlichen ein wenig „gefrotzelt“, sagen die Salzburger Kommandanten des Roten Kreuzes, Anton Holzer, und der Landesfeuerwehr, Leo Winter.

„Wir beobachten in den vergangenen Jahren eine steigende Zahl von Fahrten, die nicht gerechtfertigt sind“, sagt Holzer. So genannte „Bagatell-Notrufe“ stoßen besonders zu Ruhezeiten auf wenig Verständnis. „Unsere Ehrenamtlichen stehen mitten in der Nacht auf und sind dann oft wegen Kleinigkeiten stundenlang unterwegs. Und das, obwohl sie am nächsten Tag arbeiten müssen. Das ist eine Zumutung.“

Bewusstsein schaffen

Das Rote Kreuz bekommt für die Rettungsfahrten eine Pauschale von der Sozialversicherung. Um’s Geld gehe es also nicht, betont Holzer. Er wolle sich auch nicht beklagen, sondern Bewusstsein schaffen. Auch dafür, dass die Anzahl der verfügbaren Einsatzwagen in der Nacht begrenzt ist. „Wir haben im ganzen Bundesland 40 Fahrzeuge für Notfälle. Es ist wichtig, dass diese nicht mit Bagatellen blockiert sind, wenn sie woanders dringender gebraucht werden“, erklärt er.
Holzer sei mit den Spitälern im Gespräch. Ärzte sollen sorgfältiger abwägen, ob eine Fahrt von der Ambulanz nach Hause tatsächlich notwendig ist. Die Mitarbeiter am Telefon würden darauf geschult, bei einem Notruf genauer nachzufragen, was dem Patienten fehle.

„Wann brauche ich eine Rettung?“ sei für einen Laien schwierig einzuschätzen, sagt Patientenanwalt Thomas Russegger. Bauchweh könne entweder eine harmlose Magenverstimmung oder eine lebensbedrohliche Blinddarmentzündung sein. Brustschmerzen seien schlimmstenfalls ein Symptom für einen Herzinfarkt. Er sagt: „Lieber einmal mehr die Rettung rufen, als sein Leben riskieren.“ Bei allem Verständnis für das Rote Kreuz dürften die Menschen nicht verunsichert werden.
Selbstverständlichkeit. Wie Rot-Kreuz-Chef Holzer stellt auch Landesfeuerwehrkommandant Leo Winter klar: „Wenn Gefahr im Verzug ist, oder wenn auch nur der Anschein besteht, kommen wir natürlich.“

Bei der Feuerwehr seien Einsätze mit ungleich mehr Aufwand verbunden. Während die Rettung in der Nacht mit zwei bis drei Mann anrückt, sitzen im Bereitschaftszug der Florianis gleich neun bis zehn. „Wenn wir zum Beispiel bei Hochwasser zum Auspumpen geholt werden, obwohl nur ein Zentimeter Wasser im Keller steht, bekommt man den Eindruck, die Arbeit unserer Ehrenamtlichen wird als Selbstverständlichkeit gesehen.“ Sein Appell: „Nachdenken, bevor man zum Telefonhörer greift.“
Anders bei der Polizei: Die könne gar nicht genug Anrufe bekommen, sagt Polizeisprecher Anton Schentz: „Die Bevölkerung ist der wichtigster Partner. Jede Beobachtung könnte für unsere Arbeit zielführend sein.“ Bei allen Notrufen – ob bei Rettung (144), Feuerwehr (122) oder Polizei (133) – gelten die „vier W“: Wer ruft an? Wo ist der Notfallort? Was ist passiert? Und: Warten, bis Hilfe kommt.

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