Neues Bettlergesetz geht auch der Polizei zu weit

NÖ verschärft kommende Woche sein Polizeistrafgesetz
In der Steiermark sollen Gesetze gegen Bettelei verschärft werden. Landesregierung will Handhabe gegen Bettelei verschärfen.

"Wer sich das ausgedacht hat, ist von allen guten Geistern verlassen!" Pfarrer Wolfgang Pucher sagt stets offen, was er denkt und hält das auch angesichts der jüngsten Novelle des Landessicherheitsgesetzes nicht anders: Der Entwurf der Landesregierung sieht eine massive Verschärfung der Gesetze gegen Bettelei in der Steiermark vor.

So sehr, dass nicht nur von Pucher und den Grünen heftige Kritik kommt. Auch die Landespolizeidirektion äußert in ihrer Stellungnahme Bedenken. Das Innenministerium will gar "der geplanten Mitwirkung an der Vollziehung des Paragraf 3 a nicht zustimmen" und hat für die Novelle ein Wort übrig: "überschießend".

Quasi-Ausweispflicht

Konkret stoßen sich Experten in Polizei und Bund an einem neu eingefügten Passus. Demnach dürfen Polizisten, aber auch "Landessicherheits-Aufsichtsorgane" (in Graz etwa die Ordnungswache des Magistrates) die Identität von Bettlern feststellen, noch bevor sie überhaupt einen Gesetzesverstoß begangen haben. Doch nicht aufdringliches Betteln ist erlaubt, seit das Höchstgericht das absolute Bettelverbot aufgehoben hat.

Die Forderung, seine Identität belegen zu müssen, sei aber eine "Quasiausweispflicht", rügt das Innenministerium. Das sei in der Rechtsordnung nicht vorgesehen und auch nicht mit Zwang durchsetzbar. "Der Entwurf liest sich wie eine Abwendung einer terroristischen Bedrohung", wettert Pfarrer Pucher. "Will man Bettler wie Terroristen jagen?"

Verhalten rechtmäßig

Die Polizeidirektion reagiert ablehnend: Es sei "anzumerken, dass es sich bei der Bettelei im Regelfall um ein rechtmäßiges Verhalten handelt, für das keinerlei Berechtigung, Konzession oder Legitimation erforderlich ist".

Ein weiterer strittiger Punkt umfasst den Datenschutz: Die Polizei soll nämlich Namen und Geburtsdaten an die Gemeinde weitergeben. Der Vorschlag erinnert stark an Forderung, die der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl, ÖVP, im Frühjahr absetzte. Er strebt eine "verpflichtende Anmeldung" für Bettler in einer Art Info-Center an, schließlich müsse sich auch "jeder Gast in einem Hotel anmelden".

Die Gesetzesnovelle birgt aber noch weiteren Zündstoff. So stellt sie auch unter Strafe, wenn das "Betteln von mindestens drei Personen organisiert wird". Diese Verwaltungsübertretung wird mit bis zu 10.000 Euro Strafe geahndet.

Pucher hält das für diskriminierend, weil es auf Roma abziele. "Ein Rom kommt nie allein. Wenn sich drei Verwandte zusammentun und sie alle mit so einer unfassbaren Strafe rechnen müssen, kann man gleich ein eigens Romagefängnis errichten und alle einsperren."

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