"Neue Aufgabe macht auch Angst"

Wilhelm Krautwaschl
Der neue Bischof Wilhelm Krautwaschl über seinen Stil, den Zölibat und Flüchtlingsdramen.

Seit 16. April ist Wilhelm Krautwaschl ernannter Bischof der Diözese Graz-Seckau, am 14. Juni wird der promovierte Theologe zum Bischof geweiht. Bisher war er Regens des bischöflichen Seminars.

KURIER: Sie sind schon sehr oft interviewt worden. Aber welche Frage würden Sie sich selbst stellen?

Krautwaschl: Wieso die Leute die ganz G’schicht in der Kirche mehr interessiert und nicht Gott. Also: Haben Sie den Eindruck, dass durch die Art und Weise, wie sich die Kirche gibt, Gott sichtbar wird, angreifbar wird?

Dann frage ich Sie das jetzt.

Es ist alles doppelseitig: Gott sei Dank haben wir viel Geld zur Verfügung, um das Evangelium hinaus zu bringen. Aber die Frage ist, ob wir uns nicht zu sehr verwalten. Wenn ich uns so in der Welt anschaue, sind wir ein großer Arbeitgeber. In der Steiermark haben wir mit der Caritas und den Stiften ungefähr 5000 Leute. Aber sind wir alles Menschen, die in ihrem Tun auf Gott verweisen? Ein Beispiel: Als Regens hab’ ich auch manchmal den Postsack mit hineingenommen oder die Papierln neben dem Mülleimer aufgeklaubt. Ich hab’ als Regens ja auch mein Wohnzimmer aufgemacht, wenn die Seminaristen Champions League schauen wollten.

Sie haben einen lockeren Stil. Wollen Sie den beibehalten?

Ich hoffe es. Ich muss lernen, dass ich jetzt nicht nur Privatperson bin.

Werden Sie im Alltag den Talar des Bischofs tragen?

Den habe ich mitgekauft (lacht). Aber ich hoffe, dass der Talar den Willi Krautwaschl nicht zu etwas Besonderem macht. Ich bin eher so (zeigt auf seinen Anzug). Ich bin Christ unter Christen. Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Bischof. Diese Spannung werde ich jetzt natürlich leben.

Wie stehen Sie zu den kirchenpolitisch Fragen: Zölibat oder keine Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene?

Das würd’ ich schön auseinanderhalten. Zu den Wiederverheirateten: Da tun wir uns wirklich schwer, diese Differenzierung zu leben. Gott liebt die Menschen und dann gibt es auf objektiver Seite etwas, das dem widerspricht.

Also weg mit dem Widerspruch?

So einfach kann man das dann auch wieder nicht sagen. Es gibt unterschiedliche Situationen, wo ein Partner eine andere Ehe zerstört hat. Das wäre ja dann ein Affront. Es wird uns nicht erspart bleiben, uns mit den Leuten auseinanderzusetzen und dann eine Entscheidung zu treffen.

Stichwort Zölibat.

Mein Zugang ist der: Die Kirche in der lateinischen Tradition sagt, wir nehmen unsere Priester aus denen, die freiwillig ehelos leben. Ich hab’ mir dann die Frage zu stellen, ob ich das Charisma habe, ehelos zu leben. Ein Beruf kann ja doch keine ausgelebte Sexualität prioritär überwiegen. Aber der Priesterberuf hat bei vielen eine so faszinierende Wirkung, dass sie sich diese Frage zuerst nicht stellt.

Wenn Sie da etwas ändern könnten, was würden Sie tun?

Ich würd’ mir erst anschauen, wie hoch der Stellenwert der Ehe in der Gesellschaft ist. Dann kann man noch über das andere diskutieren.

Wenn Sie die Schlagzeilen über die Flüchtlingsdramen im Mittelmeer lesen, was denken Sie?

Ich bin keiner, der alles ändern kann. Ich kann in meinem Bereich etwas tun, ich kann aufmerksam machen, dass man nicht noch Schuldige sucht. Das bringt denen, die da elendig verrecken, gar nichts. Im Augustinum haben wir zwei Zimmer für Asylwerber und wir schauen, dass sie auch Deutschkurse bekommen.

Macht Österreich genug im Asylbereich?

Wir können nie genug tun, weil es um Menschen geht.

Die meisten Gemeinden schreien auf, wenn es heißt, es kommen zehn Asylwerber.

Alles was neu ist, macht Angst. Mir macht meine neue Aufgabe auch Angst, ich weiß nicht, worauf ich mich da einlasse. Aber wenn mir Gott das zutraut, wer bin ich, da nein zu sagen?

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