Altbau, Fischgrätparkett, 500 Euro

Mietbetrug: Es gibt bereits Hunderte Geschädigte (Symbolfoto).
Tausende Studenten suchen derzeit eine Bleibe. Oft fallen sie dabei auf Betrüger herein, die gegen Vorauszahlung Traumwohnungen versprechen – die aber auch nur im Traum existieren.

Jeden dritten Tag fällt in Österreich ein Wohnungssuchender auf ausländische Mietbetrüger herein. Der Schaden beläuft sich pro Fall auf 400 bis 800 Euro. Als Basis dienen den organisierten Kriminellen Wohnungsportale im Internet. Aktuell läuft im Netz wieder eine Betrugsoffensive. Hintergrund: Tausende Studenten suchen zurzeit schnell noch eine günstige Mietwohnung. Denn im Oktober geht der Universitätsbetrieb wieder los.

Alfred Kaufmann, Österreich-Koordinator gegen Mietvorauszahlungsbetrug von der Landespolizeidirektion Graz, erklärt die Masche der Betrügerkartelle: "Fotos von Mietobjekten in besten Lagen, teuer möbliert, mit extrem niedrigen Mieten und sofortiger Verfügbarkeit locken die Interessenten. Nach der Kontaktaufnahme via Mail bauen die Betrüger ein Vertrauensverhältnis mit den Opfern auf. Ziel ist es, dass die gutgläubigen Interessenten nach längerem eMail-Verkehr ein bis zwei Mieten im Voraus überweisen, erst danach wird der Schlüssel postalisch zugesandt."

Problem: Die Wohnungen stehen gar nicht zur Vermietung.

Obwohl diese Vorgangsweise durchschaubar sein müsste, gibt es bereits Hunderte Geschädigte. Kaufmann: "In der Hälfte der Fälle sind die Betrüger erfolgreich. Und die Strafverfolgung wird zusehends komplizierter. Denn die Verschleierung der Herkunft von Internetadressen sowie Bankverbindungen wird technisch immer ausgefeilter."

Reputationsverlust

Altbau, Fischgrätparkett, 500 Euro
Mietopfer
Aber auch die Internet-Plattformen kosten die Cyber-Betrüger Geld, Zeit – und Reputation. Horst Moser, Chef von immodirekt.at, erklärt: "Drei Personen checken bei uns laufend die eingehenden Privatinserate auf Betrugsverdacht. Für uns ist das ein immenser Aufwand. Noch dazu für ein Service, das wir, wenn auch mit zwei Inseraten pro Person und Jahr begrenzt, kostenlos anbieten."

Ähnlich argumentiert Michael Gawander, Sicherheitschef vom Marktführer willhaben.at: "Wenn die Miete unter 8 Euro pro Quadratmeter liegt, ist Vorsicht geboten. Bei uns kosten die Inserate zwar etwas, aber auch unser Unternehmen prüft jeden Verdachtsfall. Vermuten wir Betrug, ist das Inserat in 30 Minuten vom Netz."

Operation Liverpool

Wie kompliziert die Strafverfolgung ist, zeigt die von der Exekutive aktuell durchgeführte Operation Liverpool. Kaufmann: "Mietvorauszahlungen wurden von den Geschädigten etwa über den globalen Zahlungsdienst Western Union nach Liverpool überwiesen. Das Geld aber wurde, über Umwege, in Rom behoben. Die Ausweise, die von den Tätern verwendet wurden, waren alle gestohlen oder gefälscht. Wir vermuten die Capos der Banden in Rumänien."

Zeitdruck

Auch seitens der Mietervereinigung wird die Betrugsserie sehr ernst genommen. Landesgeschäftsführerin Elke Hanel-Torsch sieht die Problematik unter anderem im Wohnungsmarkt: "Leute, die bereits länger eine Mietwohnung suchen oder schnell eine Bleibe brauchen und daher unter Zeitdruck stehen, sind für solche Lockangebote empfänglicher."

Auch Christian Boschek, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer, kennt das Problem: "Opfer sind oft jüngere, Internet-affine Wohnungssuchende. Doch die Faustregel ist recht einfach: Keinerlei Geldtransfers ohne Wohnungsbesichtigung und Mietvertrag."

Vielen Studenten bleibt keine Wahl, als auf dem freien Wohnungsmarkt kurzfristig nach günstigen Angeboten Ausschau zu halten: Die meisten Studentenwohnheime in Wien sind nämlich bis auf das letzte Bett ausgebucht.

"Wir sind randvoll", bestätigt Walter Tancsits, Vorstand der Studentenwohnbau AG (STUWO), die in Wien neun Häuser mit rund 2000 Plätzen betreibt. Derzeit stehen laut Tancsits 800 Leute auf der Warteliste. Selbiges ist von der Österreichischen Jungarbeiterbewegung (ÖJAB) zu hören, die 14 Häuser mit rund 3500 Plätzen führt. Auch die Studentenförderungsstiftung "home4student" berichtet, dass sie in Wien rund 80 Prozent der Bewerber vertrösten muss. 911 Heimplätze bietet der Träger in der Hauptstadt an, Anmeldungen ein Jahr im Voraus seien keine Seltenheit. Im März 2015 eröffnen zwei Träger neue Häuser mit insgesamt 700 Plätzen.

Selbst jene Glücklichen, die einen Platz ergattern konnten, wohnen nicht viel billiger als am freien Markt. Mit der Streichung der Förderungen für Errichtung und Sanierung hoben die Heimträger ihre Preise an. Laut STUWO-Vorstand Tancsits habe sich ein Heimplatz um rund 15 Prozent verteuert. Je nach Träger und Ausstattung müssen Studenten im günstigsten Fall mit Kosten ab 230 Euro für ein Einzelzimmer und ab 330 Euro für ein Doppelzimmer rechnen.

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