Listerien-Quargel: Schuld- und Freisprüche

Die fünf Angeklagten am Straflandesgericht Graz.
Gutachter überraschten am letzten Prozesstag mit entlastender Expertise in Graz.

„Die Suppe ist nicht nur zu dünn. Es gibt gar keine“, sinniert einer der Verteidiger und ausnahmsweise gibt ihm sogar der Ankläger Recht. Der Grazer Staatsanwalt Stefan Strahwald vollzieht am Donnerstag im Prozess um listerienbelasteten Quargel eine Kehrtwende: „Es fehlt die Gemeingefährdung und die Zurechnung zu Todes- und Krankheitsfällen.“

Das kommt dann doch überraschend. Bei der Eröffnung der Verhandlung im Juni wurden sieben Todesopfer sowie zehn Verletzte mit 2009 produziertem Quargel aus dem Werk Prolactal in Verbindung gebracht. Angeklagt wurden die beiden ehemaligen Geschäftsführer und zwei Mitarbeiter von Prolactal sowie der Leiter eines externen Labors, zusätzlich die Firma als Verband.

Beweise fehlen

Doch am letzten Prozesstag tauchen Beweismängel auf. Zwei medizinische Gutachter präsentieren unterschiedliche Werte, wann denn Listerien nun gefährlich würden. Die EU gibt 100 Einheiten pro Gramm aus. Aber: Auch weniger könne gefährlich, sogar tödlich sein, befinden die Experten, je nach Gesundheitszustand des Konsumenten. Unklar sei auch, welches Opfer Käse welcher Charge gegessen habe. „Damit lassen sich auch die Todesfälle nicht zuordnen.“

Entsprechend fallen die Urteile von Richter Raimund Freis aus: Der Laborleiter sowie beide Mitarbeiter Prolactals werden (nicht rechtskräftig) freigesprochen. „Woran soll sich denn ein Hersteller orientieren wen nicht am Grenzwert der Behörden?“, fragt Frei. „Aber hier waren selbst Wissenschafter nicht einer Meinung.“
Für die Chefs setzt es Strafen: Einer wird zu 18 Monaten bedingter Haft, der andere zu zwölf Monaten bedingt plus 7200 Euro Geldstrafe verurteilt, die Firma zu 100.000 Euro Strafe, nicht rechtskräftig. Dies aber aus anderen Gründen und nach dem Lebensmittelschutzgesetz: Im Jänner 2010 wiesen Proben nachweislich zu hohe Belastungen über dem EU-Grenzwert auf. Doch Rückholaktion und Produktionsstopp kamen zu spät. Mit Opfern dieser Chargen hat sich Prolactal verglichen und gezahlt.

Jener Mediziner, der sich auch als Opfer fühlt, wird von Richter Frei aber an das Zivilgericht verwiesen: Dass Andreas Peilowichs Gehirnhautentzündung von belastetem Quargel verursacht wurde, sei nicht nachzuweisen.

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