Letzter Schultag mitten im Jahr

Die Burschen wurden bisher in einer Schule unterrichtet
Unterricht für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge war rechtlich nicht gedeckt.

Mirwais ist 15, flüchtete alleine aus Afghanistan und war vier Monate in Traiskirchen. Zu Schulanfang kam er in die P3-Klasse des Polytechnikums Deutschfeistritz, Steiermark. "Hier ist es besser", sagt er auf Deutsch, einer Sprache, die er erst seit Kurzem lernt. "Wir machen hier viel."

Damit ist morgen, Freitag, Schluss. Mirwais und 44 weitere junge Flüchtlinge aus acht Nationen müssen mitten im Semester die Schule verlassen, so will es das Gesetz: Das Poly ist eine Pflichtschule, die Burschen sind dafür zu alt. Nun sollen sie in einem Kurs unterrichtet werden, in dem Diakonie-Heim in der Gemeinde, in dem sie untergebracht sind.

Die Lehrer sind enttäuscht. "Im Frühjahr waren wir noch das best-practice-Beispiel für die Steiermark", ärgert sich Schulleiterin Gabriela Steinscherer. Fünf Jahre lang bewegte sich das Projekt – die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge werden in einer eigenen Klasse unterrichtet – in einer Grauzone: Die Schule meldete die Jugendlichen als außerordentliche Schüler und wähnte sich dadurch abgesichert. Doch nach Medienberichten über die Integrationsarbeit in Deutschfeistritz wurde man im Land hellhörig und zog die Reißleine, das Unterrichtsministerium beendete das Projekt per Erlass: Es ist rechtlich nicht gedeckt.

Sechs Lehrer betroffen

"Jeder hat gewusst, was wir hier machen", versichert Steinscherer. Der Landesschulrat Steiermark bewilligte sogar zusätzliche Posten, sechs waren es für das laufende Schuljahr.

Darunter auch Lehrer, die die Muttersprachen der Flüchtlingskinder beherrschen. Minou Mazoumzadeh war von Anfang an dabei, bangt aber jetzt um ihre eigene Zukunft. "Ich habe einen Sondervertrag. Es wird nicht so leicht sein, mitten im Schuljahr neue Schüler zu bekommen. Gabi Bachmayer baute das Projekt an der Schule auf. "Jetzt wird es kaputt gemacht."

Die Schüler sind traurig, nur noch wenige kamen in der letzten Schulwoche zum Unterricht. "Was soll ich ihnen denn noch sagen, dass sie herkommen müssen, wenn das eh schon abgedreht ist?", seufzt Klassenvorstand Markus Oberländer. Zwar habe es eigenen Unterricht für die jungen Flüchtlinge gegeben, doch Ausflüge und Projekte seien mit den Regelklassen unternommen worden. "Bei uns reden wir von Inklusion, das ist Integration."

Freunde aus Österreich

Tatsächlich haben die Burschen Anschluss gefunden. "Ich bin seit neun Monaten hier", schildert Zaker, 16. "Es ist gut, in der Schule die Sprache zu lernen. Auch mit den Freunden aus Österreich."

Die zuständige SPÖ-Landesrätin Ursula Lackner bedauert, pocht jedoch darauf, dass Gesetze einzuhalten seien. Immerhin rang sich der Landtag auf Antrag der Grünen mehrheitlich zu einem Beschluss durch: Junge Flüchtlinge sollen als außerordentliche Schüler Pflichtschulen besuchen dürfen. Doch das zu ändern, liegt in Bundeskompetenz.

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