Lawinenunglück: "Ich hab' gesagt, ich würde da nicht gehen"
Seit Mittwoch waren die Urlauber schon bei Anton Nigg auf der Lizumer Hütte. Samstag dann endlich „der erste schöne Tag der Woche“, erinnert sich der Hüttenwirt. „Da haben sie dann auf den Geier rauf wollen. Das will jeder bei uns, das ist die beliebteste Skitour.“
Fünf Männern im Alter zwischen 33 und 37 Jahren – unter ihnen auch die Tourguides – kostete dieser Wunsch das Leben: Sie starben, als Samstag in der Wattentaler Lizum in Tirol drei Lawinen abgingen. 17 Tourengeher aus Tschechien wurden 1,2 bis 3,2 Meter tief verschüttet.
Einige konnten sich selbst befreien, andere wurden gerettet. So wie jene Wintersportlerin, die gegenüber einem tschechischen Radio schilderte, dass sie gleich zwei Mal von Lawinen erfasst wurde. „Aber ich hatte noch immer meinen Kopf über der Oberfläche. Die Airbags haben funktioniert.“
Beim zweiten Aufstieg
Die Tschechen besuchten in Tirol einen Kurs des bekannten Freeriders Robin Kaleta. Er selbst war in Prag, doch er zeigte sich Medien gegenüber überzeugt, dass die Gruppe vor dem Aufstieg alles überprüft habe. „Sie hatten keinen Grund, etwas zu riskieren.“ Doch Hüttenwirt Nigg hatte die Urlauber gewarnt. „Jeder Gast kriegt bei mir den Lawinenwarnbericht und meine Kommentare dazu. Ich hab’ gesagt, ich würde da nicht gehen.“
Ortskundig
Offiziell galt Lawinenwarnstufe 3, erhebliche Gefahr. Doch genau die wird oft unterschätzt, hier passieren die meisten Unglücke durch Lawinenabgänge. Die beiden Tourengeher, die die Gruppen leiteten, hatten jedenfalls Erfahrung und kannten das Gebiet, betont Nigg. „Die waren schon zum dritten Mal da. Sie haben in dem Gelände schon jede Tour gemacht.“
Polizei geht von Fernauslösung aus
Am Montag flog die Polizei mit einem Hubschrauber zum Lawinenkegel hinauf. Dabei wurde vor allem die "primäre Lawine" ausgemessen und mittels GPS aufgezeichnet, berichtete Alpinpolizist Jörg Randl. Man habe im Anrissbereich des Schneebrettes, der 230 Meter über der Freerider-Gruppe am Kamm des Hohen Geier auf über 2.800 Metern lag, Fotos gemacht, so der Polizist. Die primäre Lawine habe nach bisherigem Ermittlungsstand die Wintersportler großteils mitgerissen und begonnen zu verschütten. In Folge habe ein weiteres Schneebrett die Alpinisten unter sich begraben. Die drei weiteren Lawinen seien zwar teilweise in den Lawinenkegel "hineingeflossen", hätten aber von der Intensität her zum Großteil keinen solch unmittelbaren Einfluss gehabt.
Eine Gruppe von sieben Freeridern hatte angegeben, Setzungsgeräusche gehört und auch die Auslösung der Lawinen beobachtet zu haben. Nicht zuletzt deshalb gehe die Polizei von einer Fernauslösung aus. Es sei in der Schneedecke wohl ein sogenannter "Spannungsriss" entstanden, der sich dann "fortgepflanzt" habe, so Randl. Diese Riss habe sich vermutlich aufgrund der vielen Personen gebildet, die zu der Zeit "zonal" in diesem Bereich unterwegs waren. Eine restlose Klärung der unmittelbaren Ursache für die Fernauslösung werde es aber nicht geben, betonte der Alpinpolizist. Randl berichtete weiters, dass die Wintersportler zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs in "Entlastungsabständen" von 15 Metern unterwegs waren.
Untersuchungen abgeschlossen
Die polizeilichen Untersuchungen am Lawinenkegel selbst seien nun abgeschlossen, erklärte Randl. Nun gelte es unter anderem, die Lichtbilder auszuwerten. Das Landeskriminalamt führe zudem noch die genaue Identitätsabklärung der Toten durch. Dann ergehe - wie immer in solchen Fällen - ein Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft. Einen genauen Zeithorizont wollte Randl nicht nennen. Der Bericht werde "im Laufe der nächsten Zeit" der Behörde übergeben. Vonseiten der Organisatoren des "Freeride-Camps" sei jedenfalls kein Druck auf die Teilnehmer ausgeübt worden. Es seien keine Vorgaben gemacht worden, welche Touren zu bewältigen seien. Die Guides hätten die Touren vorgeschlagen und dies sei dann mit den Gruppen besprochen worden, sagte der Polizist.
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