Langes Warten syrischer Flüchtlinge
Bassem Alabbas, seine Frau Sherehan und ihre 15 Monate alte Tochter Christa Maria haben es überstanden. Den Krieg in Syrien, die Flucht aus ihrem Dorf nahe der Golanhöhen, die Monate des Wartens. In einer kleinen Wohnung im Pfarrheim Traiskirchen haben sie ein neues Zuhause.
Im August 2013 hat Österreich angekündigt, 500 syrische Flüchtlinge im Rahmen eines Resettlement-Programms (siehe unten) zu übernehmen. Im April 2014 kündigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner weitere 1000 Plätze an. Ein langwieriger Prozess. Die letzten Flüchtlinge aus dem ersten Kontingent sind erst Ende November in Österreich angekommen, von jenen 1000 Menschen aus dem zweiten waren vergangene Woche gerade einmal 191 im Land – darunter Bassem Alabbas und seine Familie.
Wer kommen soll, steht fest. "Ausgewählt sind alle", bestätigt auch Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Dass es dennoch dauert, liegt zum Teil am komplizierten Prozedere. Die Betroffenen kommen als anerkannte Flüchtlinge ins Land, werden nach ihrer Ankunft nur noch kurz in den Erstaufnahmestellen registriert. Zum Teil, aber nicht nur.
"Es ist höchste Zeit"
Im Österreich-Büro des UN Flüchtlingshochkommissariats UNHCR drängt man jetzt zur Eile. "Es ist höchste Zeit. Im Frühjahr sollen die Menschen ins Land kommen", meint Sprecherin Ruth Schöffl – und zeigt sich verwundert: "Es gibt für nötige begleitende Maßnahmen noch nicht einmal einen Projektaufruf, offenbar fehlen noch EU-Gelder." Konkret geht es etwa um Projekte für psychosoziale Betreuung, Integrationsmaßnahmen oder Rechtsberatung.
Von einer Verzögerung will man wiederum im zuständigen Außenministerium nichts wissen: Die Gelder würden Ende März kommen, dann könne man Projekte einreichen. Bis dahin laufen die Regelprogramme für alle anerkannten Flüchtlinge.
"Unglaubliche Not"
Am Küchentisch denken sie jetzt wieder an eine Zukunft – die Vergangenheit lässt sie dennoch nicht los. "Wir dachten, es ginge darum, ob man für oder gegen Assad ist", erzählt Bassem, der in seiner Heimat eine Landwirtschaft gepachtet hatte.
Als er Sherehan die gedruckten Hochzeitseinladungen bringen wollte, wurde er selbst Opfer von Kriegern der Al-Nusra-Front. Sie schlugen ihn halb tot, raubten das Auto mit den Einladungen. Bassem lacht bitter: "So gesehen, haben wir die Al-Nusra-Front zu unserer Hochzeit eingeladen." Wenig später flüchteten sie.
Menschen, die weder in ihre Heimat zurück, noch in ihrem Zufluchtsland bleiben können will die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit ihren Resettlement-Programmen helfen. Seit ihrer Gründung 1951 hat sie fast 900.000 Menschen weltweit betreut.
Katerina Kratzmann leitet das Büro der IOM in Wien. „Es ist sehr positiv zu bewerten, dass Österreich hier einen Beitrag zur internationalen Solidarität leistet“, meint sie zu den aktuellen Bemühungen um syrischen Flüchtlinge. „Wir würden in Zukunft ein fixes Resettlement-Programm mit einem fixen Kontingent befürworten“, so Kratzmann.
Die Zusammenarbeit mit Behörden und UNHCR laufe gut. Aber: „Natürlich ist das ein Pilotprojekt und Österreich hat nur sehr begrenzte Erfahrung mit professionellem Resettlement.“
Bis Schutzsuchende von Flüchtlingsunterkünften – im Falle des Syrienkrieges hauptsächlich im Libanon und in Jordanien – in eine neue Heimat aufbrechen können, ist es ein langer Weg: Listen mit infrage kommenden Personen müssen erstellt und geprüft werden – unter Einbindung der Zufluchtsländer. Dokumente und die Reise müssen organisiert werden. Außerdem soll den Flüchtlingen vor Ort eine kulturelle Orientierung für das Zielland zu geben.
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