Landärzte wollen ihre Hausapotheken zurück

ARCHIV - Ein Arzt untersucht am 18.01.2005 einen Patienten mit einem Stethoskop. Was tun, wenn ein Arzt eine Untersuchung anbietet, die man selbst zahlen muss? Die Krankenkassen versprechen verstärkt Aufklärung - auch zu umstrittenen Angeboten etwa zur Krebserkennung. Foto: Soeren Stache +++(c) dpa - Bildfunk+++
Ärztevertreter fordern mehr Geld für Jungmediziner, um sie aufs Land zu locken, sonst drohe ein Ärztemangel. Die Krankenkassen beruhigen.

Kein Postamt, keine Nahversorger – und bald auch keinen Arzt mehr. Dieses Szenario entwerfen Ärztevertreter für die ländlichen Regionen Österreichs. „In zehn Jahren ist mehr als die Hälfte der rund 470 Landärzte in Niederösterreich in Pension“, sagt Christoph Reisner, Präsident der nö. Ärztekammer. Noch prekärer dürfte die Situation im Burgenland sein. „Von den 118 Landärzten werden in zehn Jahren 61 Prozent in Pension gehen“, sagt der Vize-Präsident der burgenländischen Ärztekammer, Michael Schriefl. Und die Politik „setzt auch keine dementsprechenden Maßnahmen“.

Die Ärzteschaft plagen Nachwuchssorgen. Einerseits geht die Zahl der Allgemeinmediziner zurück. Wie berichtet, entscheiden sich immer weniger Absolventen eines Medizinstudiums für einen entsprechenden Turnus. Wer doch als Landarzt praktizieren will, der stoße auf viele Widrigkeiten, erzählt Gregor Skorjanz, Arzt im nö. Paudorf. „Ein Landarzt hat jedes zweite Wochenende und oft in der Nacht Bereitschaft. Wochenarbeitszeiten von 70 Stunden und mehr sind keine Seltenheit. Diesem Einsatz steht kein entsprechendes Einkommen gegenüber.“

Hausapotheken

Dass zahlreiche Landärzte keine Hausapotheke mehr betreiben dürfen, schmälere den Verdienst zusätzlich (seit 2006 darf es im Umkreis von sechs Kilometern um eine Apotheke keine ärztlichen Hausapotheken geben, Anm.) „Die Hausapotheke hat bei mir 60 Prozent des Umsatzes oder 30 Prozent des Einkommens ausgemacht“, sagt Skorjanz.

Landärzte wollen ihre Hausapotheken zurück
v.l.n.r. Präsident Ärztekammer Niederösterreich Dr. Reisner, Präsident Arbeiterkammer Niederösterreich Hermann Haneder, BM Rudolf Hundstorfer
Ärzte-Chef Reisner will wieder mehr Hausapotheken durchsetzen und fordert mehr Geld für seine Kollegen. „Die Honorierung muss so attraktiv sein, dass junge Ärzte in einer Landordination eine echte Alternative sehen.“ In beiden Fällen wird es schwierig für die Ärzte. Die nächsten Verhandlungen mit der Gebietskrankenkasse laufen im Herbst. NÖGKK-Direktor Jan Pazourek rechnet vor: „Ein Vertragsarzt macht mit unserer Kasse pro Jahr rund 200.000 Euro Umsatz – deutlich über dem österreichischen Durchschnitt.“ Einen Ärztemangel sieht Pazourek nicht: „Wir haben so viele niedergelassenen Vertragsärzte wie nie zuvor.“ Allein im Juni seien 34 Stellen neu besetzt worden. „Und pro ausgeschriebener Stelle haben wir drei Bewerber.“

Bei Hausapotheken legt sich Heinz Haberfeld, oberster Apothekervertreter in NÖ, quer: „Es braucht rund 5500 Personen im Einzugsgebiet, damit eine Apotheke existenzfähig ist. Ein Nebeneinander mit Hausapotheken ist da nicht möglich.“

Weitere Forderungen

Neben der Abgeltung der längeren Arbeitszeiten und dem Recht zur Führung einer Hausapothekeforden die Ärztekammern „familienfreundliche Arbeitsbedingungen“ - etwa durch neue Bereitschaftszeit-Modelle und eine Überarbeitung der Sprengeleinteilung sowie flexiblere Formen der ärztlichen Zusammenarbeit verlangt.

Als „Landarzt“ definiert die Standesvertretung einen Arzt für Allgemeinmedizin mit allen Kassen, der in einer Gemeinde mit höchstens 3000 Einwohnern aktiv ist oder der als einer von maximal zwei Kassen-Allgemeinmedizinern in einem Ort eine Ordination betreibt. Bundesweit fielen rund 1560 Ärzte, die für etwa 43 Prozent der österreichischen Bevölkerung verantwortlich seien, in diese Kategorie. Im Burgenland treffe dies etwa auf 118 von 144 Allgemeinmedizinern mit allen Kassen zu.

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