"Land lässt das HCB-Tal links liegen"

Das Zementwerk in Klein St. Paul hat das Görtschitztal mit Hexachlorbenzol verseucht. Die Weiden erholen sich, bei den Menschen ist keinerlei Aufbruchstimmung erkennbar.
Wie reagieren Betroffene aus der Region auf die Halbierung der Mittel zur HCB-Hilfe?

Das Land lässt die Menschen im mit HCB verseuchten Görtschitztal links liegen." Mit Aussagen wie dieser reagieren die Betroffenen vor Ort auf die Entscheidung der Kärntner Landesregierung, den Hexachlorbenzol-Hilfsfonds nicht wie ursprünglich beschlossen um vier, sondern nur um zwei Millionen Euro aufzustocken.

Schauplatz Görtschitztal. Dort, wo das verständnislose Kopfschütteln wegen der Gift-Emissionen der Zementfabrik und der Untätigkeit der Behörden zur Gewohnheit geworden ist. Richtig schockieren kann man die Betroffenen mit dem Streichen von Hilfszahlungen nicht mehr.

"Es könnte mir fast egal sein, denn die Hälfte von null ist auch null. Wir haben vom Land ja nie direkt Geld erhalten. Ersatzzahlungen für die kontaminierte Milch kamen vom Zementwerk", sagt Gudrun Schäfer-Kassin, die mit ihrem Mann Rudolf in Klein St. Paul eine Landwirtschaft betreibt. "Mir war sowieso klar, dass dem Land das Geld ausgeht und dann trifft’s wieder uns", fügt Rudolf hinzu. Und eventuelle gesundheitliche Schäden könne sowieso niemand ersetzen. "Soll ich in zehn Jahren zum Land gehen, wenn klar sein sollte, dass meine Tochter als Folge des Umweltskandals keine Kinder kriegen kann?"

"Futter minderwertig"

Johann Pascoli aus Wieting ist ehemaliger Bauer und bläst ins selbe Horn: "Die Landwirte kämpfen ums Überleben, und dann streicht man die Hilfsmittel um die Hälfte runter. Als würden die Bauern nicht schon genug leiden. Das Austauschfutter, das das Land besorgt hat, war minderwertig. Das Vieh wollte es ja gar nicht fressen." Beim Pensionisten manifestiert sich der Eindruck, dass "die in Klagenfurt die Menschen im Görtschitztal links liegen lassen. Wir sind das HCB-Tal und nicht so wichtig. Das beweist die Tatsache, dass sämtliche Busverbindungen ins Tal samstags und sonntags gestrichen wurden. Zu uns will eh niemand."

Zurück zur abgespeckten HCB-Hilfe: Auch David Gedermann aus Klein St. Paul zieht den Schluss, dass neben Beprobungen und Untersuchungen die Menschen auf der Strecke bleiben. "Warum beschließt die Regierung vor zwei Monaten vier Millionen und halbiert diesen Betrag nun? Es ist ja logisch, dass nun irgendjemand Abstriche machen muss: Letztlich wird wieder die Bevölkerung im Görtschitztal darunter leiden. Das Versprochene sollte Priorität haben und nicht das Sparen am falschen Ort", sagt der Familienvater, der im "w&p"-Zementwerk beschäftigt ist. Wie viele Menschen aus der Region stellt er sich gegen das Land und fast schützend vor das Werk. "Ohne Zementwerk ist es im Tal endgültig finster."

Verena Rastner sieht es ähnlich, auch ihr Mann arbeitet bei "w&p". "Ich verstehe, dass Kärnten pleite ist. Aber dass man im Görtschitztal den Sparstift ansetzt, zeichnet ein düsteres Bild."

Eine, die das Ohr nahe an der Bevölkerung hat, ist die neue Bürgermeisterin von Klein St. Paul, Gabriele Dörflinger (SPÖ). Sie muss den Spagat zwischen ihrem Parteikollegen und Landeshauptmann Peter Kaiser, den Einheimischen und dem im Ort ansässigen Zementwerk schaffen.

Geld vom Bund?

"Ich befürchte, dass die Reduzierung der Mittel unsere Direktvermarkter treffen könnte", macht Dörflinger das Problem deutlich. "Wenn das Land die fehlenden zwei Millionen nicht flüssig machen kann, wird Geld vom Bund fließen müssen. Irgendjemand muss einspringen und dem Görtschitztal helfen."

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