Kunstaktion: Der selbst ernannte Beauftragte

Kunstaktion: Der selbst ernannte Beauftragte
Stefan Olah will neuer Bettelbeauftragter der Stadt Wien sein. Bloß: In der Stadt weiß man von so einem Beauftragten nichts.

Der Bettler am Siebenbrunnenplatz kauert am Boden und hält seine Hand auf. Neben ihm steht eine junge Frau. Sie trägt eine rote Jacke mit dem Logo der Stadt Wien und teilt Flyer aus. "Die Stadt Wien verdoppelt heute alle Spenden an Bettler", sagt sie und drückt Passanten eine Broschüre in die Hand.

Die hat es in sich: Unter dem Slogan "Geben macht glücklich" wirbt darin die "Statt Wien" (sic!) angeblich für einen neuen Weg mit Bettlern. Wiens Bürgermeister Michael Häupl wird zitiert: "Wir Wienerinnen und Wiener sind Spendenweltmeister, nicht nur mit dem Zahlschein, auch auf der Straße!" Darunter wird Stefan Olah als neuer Bettelbeauftragter der Stadt Wien präsentiert. "Für Bettler und Bettlerinnen muss noch viel verbessert werden, die ersten Erfolge werden bald sichtbar werden", wird er zitiert.

Viele der Passanten wirken irritiert, manche spenden aber nach Aufforderung der jungen Dame, die davon redet, dass das Bettelverbot in Wien aufgehoben sei. Begleitet wird die Aktion von einem vermeintlichen ORF-Team. Eine junge Reporterin interviewt die spendenfreudigsten Passanten. Das Video ist seit heute auf YouTube zu sehen. Eine Aussendung des Bettelbeauftragten erhöhte zusätzlich die Verwirrung: Noch sei nicht klar, welchem Stadtrat-Ressort er zugeteilt werden würde.

Im Büro des Bürgermeisters nimmt man es (noch) locker und gibt zu, dass der falsche Infofolder gut gemacht ist. Aber: "Ich bin nicht sicher, ob die Ersteller wissen, was sie da getan haben", sagt ein Sprecher Häupls. Man prüfe, ob das rechtliche

Konsequenzen haben könnte. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou reagiert entspannt. "Es ist ein Kunstprojekt und die Kunst ist frei!", heißt es aus ihrem Büro.

Die grüne Sozialsprecherin Brigitte Hebein begrüßt die Aktion sogar. "Eine tolle Aktion, die die Menschen für Armut sensibilisiert." Auch einem Bettelbeauftragten kann sie etwas abgewinnen: "Politisch ist es überlegenswert, Betroffene und Sozialarbeiter in der Thematik mit einzubeziehen."

Für einen Bettelbeauftragten wenig erwärmen kann sich naturgemäß FP-Klubobman Johann Gudenus: "Wir haben eh schon eine Beauftragten-Schwemme." Das Verbot der gewerbsmäßige Bettelei habe nichts gebracht, die FPÖ sei daher für ein generelles Bettelverbot.

Für die Aktivisten am Siebenbrunnenplatz war die Aktion ein Erfolg, wie sie gegenüber dem KURIER betonen: "Wenn die Leute sehen, dass die Stadt Wien die Bettler unterstützt, wird mehr gespendet. Auch die Polizei, die sonst immer Bettler vertreibt oder abstraft, wurde am Aktionstag nicht gesehen", sagt eine der Aktivistinnen. Wie viel Geld tatsächlich gesammelt wurde, wollte allerdings niemand verraten.

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