Kritik an neuem Flüchtlingsheim

Bis zu 120 Flüchtlinge sollen in Abtenau untergebracht werden. (Symbolbild)
In einem ehemaligen Hotel sollen bis zu 120 Asylwerber untergebracht werden. Die Abtenauer Gemeinde wehrt sich.

In der Gemeinde Abtenau (Bezirk Hallein) gehen die Emotionen hoch. Bereits heute, Mittwoch, oder morgen sollen in einem ehemaligen Hotel jene 40 großteils syrische Flüchtlinge untergebracht werden, die seit 6. September im Turnsaal der Landespolizeidirektion Salzburg nächtigen.

Der Bürgermeister von Abtenau sprach sich dagegen aus, er fühlt sich vom Innenministerium "überrumpelt."

"120 sind zu viel"

Bis zu 120 Flüchtlinge sollen in dem leer stehen "Lammertal Ressort" im Abtenauer Ortsteil Voglau untergebracht werden. Er sei erst gestern von einem Mitarbeiter des Innenministeriums darüber in Kenntnis gesetzt und vor vollendete Tatsachen gestellt worden, erklärte Bürgermeister Johann Schnitzhofer (ÖVP).

Erst am vorgestrigen Montag sei in einer Gemeinderatssitzung beschlossen worden, dass Abtenau einen Beitrag zur Unterbringung von Asylwerbern leisten werde. 20 bis 30 Personen könne die Gemeinde unterbringen, "120 sind aber einfach zu viel", betonte der Bürgermeister. Das Verhältnis passe nicht, der Ortsteil Voglau habe nur rund 700 Einwohner, gab Schnitzhofer zu bedenken.

Überprüfungen

Nun wolle die Gemeinde überprüfen, ob die Unterbringung der Asylwerber im Lammertal Resort nach dem Raumordnungsrecht überhaupt möglich sei, denn es handle sich dort um eine touristische Sonderfläche. "Wir werden da einige Dinge überprüfen müssen", stellte der Bürgermeister die Rute ins Fenster. Heute am Abend werde die Gemeinde im Gasthaus Voglau um 19.30 Uhr eine Bürgerversammlung einberufen.

Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, appellierte im Gespräch mit der APA an die Mitmenschlichkeit. Er würde es bedauerlich finden, wenn bürokratische Argumente wie die Raumordnung gegen die menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen vorgebracht werden. "Das ist schwer nachvollziehbar, wenn Menschen in einem Turnsaal nächtigen müssen."

Angesichts der Tatsache, dass in den vergangenen Tagen und Wochen täglich bis zu 170 Anträge von Flüchtlingen einlangten, seien neue Quartiere erforderlich, erklärte Grundböck. Die größte Gruppe seien Syrer. Doch die Übernahmezahlen der in Bundesbetreuung befindlichen Flüchtlinge durch die Bundesländer würden sich an keinem Tag im dreistelligen Bereich bewegen, kritisierte der Ministeriumssprecher. Auch Salzburg sei bei der Erfüllung der Quote säumig.

Derzeit noch keinen Asylwerber aufgenommen

Die 5.700 Einwohner zählende Gemeinde Abtenau habe noch keinen einzigen Asylwerber aufgenommen, betonte Grundböck. Das von der Betreiberin angebotene Gasthaus, das eine Kapazität von bis zu 120 Personen biete, solle nun so rasch wie möglich mit den 40 Flüchtlingen belegt werden, die derzeit im Turnsaal der Polizei untergebracht sind. "Der Turnsaal kann keine Dauerlösung sein", sagte Grundböck. Er sprach von einer "temporären" Unterbringung in Abtenau. Auch wenn sich die Gemeinde gegen eine Bundesbetreuung ausspreche, ändere das nichts an der Notwendigkeit, dort eine vorübergehende Betreuungsstelle einzurichten. Das heiße aber nicht, dass dort heute 120 Asylwerber untergebracht würden, erklärte der Sprecher.

Rufe nach Solidarität

Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und die zuständige Landesrätin Martina Berthold (Grüne) ersuchen jetzt die Bürgermeister aller Salzburger Gemeinden, aus Solidarität Abtenau zu entlasten und einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Die Landesrätin appelliere an die Bürgermeister, "mittlere Quartiere" in einer Größenordnung von bis zu 40 Personen bekannt zu geben, damit in Abtenau nicht so eine große Anzahl an Flüchtlingen untergebracht werden müsse, sagte eine Sprecherin von Berthold.

Vorerst nicht mehr als 40 Flüchtlinge

Um Beruhigung in der Aufregung ist Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) am Mittwoch bemüht gewesen. In einem Gespräch mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sei man so verblieben, dass in dem ehemaligen Hotel 40 Personen befristet bis Jahresende untergebracht werden, sagte ein Sprecher von Haslauer.

Das Land bemühe sich aber, bis Ende dieser Woche noch 55 Plätze in anderen Gemeinden aufzubringen, hieß es aus dem Büro von Haslauer. In Abtenau sollen in einem verträglichen Ausmaß noch Plätze für Flüchtlinge gefunden werden.

Bezüglich der Quote habe sich in den vergangenen Monaten viel getan, die erhöhte Quote von 91,3 Prozent werde Salzburg bis Anfang nächsten Monats erfüllen, erklärte der Sprecher des Landeshauptmanns. Die Mindestquote von 88 Prozent werde derzeit in Salzburg auch erfüllt, betonte eine Sprecherin von Landesrätin Martina Berthold (Grüne). Um die aufgrund der zunehmenden Anzahl von Flüchtlingen erhöhte Quote von 91,3 Prozent zu erfüllen, fehlten in Salzburg derzeit noch 39 Plätze, die aber bald zur Verfügung stünden.

Mehr zum Thema aus der Innenpolitik: Immer mehr Landeschefs für Grenzkontrollen

In Tirol ist am Dienstagabend erneut eine Gruppe an Flüchtlingen in einem aus Italien kommenden Reisezug aufgegriffen worden. Laut Polizei handelte es sich um insgesamt 46 Personen aus Syrien, Eritrea und dem Irak, darunter sieben Kinder.

Die Flüchtlinge, die am Bahnhof Wörgl in dem Zug entdeckt worden waren, wurden nach Innsbruck gebracht und dort vom Roten Kreuz versorgt. Sie sollen noch am Mittwoch wieder nach Italien zurückgeschoben werden.

Dies war bereits die zweite Gruppe an Flüchtlingen, die am Dienstag in Tirol aufgegriffen wurde. Gegen 12.00 Uhr waren ebenfalls in einem internationalen Reisezug 72 Personen aus Syrien und Eritrea entdeckt worden.

Brenner als Flüchtlingsroute

In Tirol wurden heuer bereits mehr als doppelt so viele illegal eingereiste Personen registriert wie im Vorjahr. 4.707 Menschen waren es bisher, 450 allein im September. Der Brenner hat sich zu einer intensiven genutzten Route für Flüchtlinge entwickelt. Mittlerweile meldet die Tiroler Landespolizeidirektion beinahe täglich Aufgriffe von mehrköpfigen Gruppen, darunter viele Kinder. Ein Großteil stammt aus Syrien oder Eritrea.

In Tirol werden vergleichsweise wenige Asylanträge gestellt. Nach EU-Regeln müssen Flüchtlinge in dem EU-Land, im dem sie zuerst einreisten, um Asyl bitten. Immer wieder werden darum Syrer und andere Flüchtlinge über den Brenner nach Italien zurückgebracht.

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